Einkaufslexikon
SBTi-Ziele: Wissenschaftsbasierte Klimaziele im Einkauf
November 19, 2025
SBTi-Ziele sind wissenschaftsbasierte Klimaziele, die Unternehmen dabei unterstützen, ihre Emissionsreduktionen an den Zielen des Pariser Klimaabkommens auszurichten. Im Einkauf spielen diese Ziele eine zentrale Rolle bei der nachhaltigen Lieferantenauswahl und der Dekarbonisierung von Lieferketten. Erfahren Sie im Folgenden, was SBTi-Ziele sind, welche Methoden zur Umsetzung existieren und wie sie strategisch im Beschaffungsmanagement eingesetzt werden.
Key Facts
- SBTi steht für Science Based Targets initiative und definiert wissenschaftlich fundierte Emissionsreduktionsziele
- Ziele müssen mit dem 1,5°C-Pfad des Pariser Klimaabkommens kompatibel sein
- Über 4.000 Unternehmen weltweit haben sich bereits zu SBTi-Zielen verpflichtet
- Scope 3-Emissionen aus der Lieferkette müssen bei den meisten Unternehmen einbezogen werden
- Validierung durch die SBTi erfolgt nach strengen wissenschaftlichen Kriterien
Inhalt
Definition: SBTi-Ziele
SBTi-Ziele sind quantifizierte Emissionsreduktionsziele, die von der Science Based Targets initiative validiert werden und mit den neuesten Erkenntnissen der Klimawissenschaft übereinstimmen.
Kernelemente wissenschaftsbasierter Ziele
Die Science Based Targets initiative definiert spezifische Kriterien für gültige Klimaziele:
- Kompatibilität mit dem 1,5°C-Erwärmungsszenario
- Abdeckung aller relevanten Emissionsbereiche (Scope 1, 2 und 3)
- Zeitgebundene und messbare Reduktionspfade
- Externe Validierung durch SBTi-Experten
SBTi-Ziele vs. herkömmliche Klimaziele
Im Gegensatz zu selbst definierten Nachhaltigkeitszielen basieren SBTi-Ziele auf wissenschaftlichen Methoden. Sie berücksichtigen Scope 3-Emissionen systematisch und folgen standardisierten Berechnungsverfahren, die eine glaubwürdige Klimastrategie gewährleisten.
Bedeutung von SBTi-Zielen im Einkauf
Für Einkaufsorganisationen bedeuten SBTi-Ziele eine strategische Neuausrichtung der Beschaffung. Die Dekarbonisierung der Lieferkette wird zum zentralen Erfolgsfaktor, da Scope 3-Emissionen oft 70-90% der Gesamtemissionen ausmachen.
Methoden und Vorgehen bei SBTi-Ziele
Die Implementierung von SBTi-Zielen erfordert strukturierte Methoden zur Emissionsmessung, Zielformulierung und Lieferantenintegration.
Emissionsbilanzierung und Baseline-Erstellung
Der erste Schritt umfasst die vollständige Erfassung aller Emissionsquellen. Dabei werden Scope 1-Emissionen, Scope 2-Emissionen und Scope 3-Emissionen systematisch dokumentiert. Die Baseline dient als Ausgangspunkt für die Zielformulierung und spätere Fortschrittsmessung.
Zielformulierung nach SBTi-Kriterien
SBTi-konforme Ziele folgen spezifischen Reduktionspfaden:
- Absolute Emissionsreduktion um 42% bis 2030 (Basisjahr variabel)
- Jährliche Reduktionsrate von mindestens 4,2%
- Einbeziehung von Scope 3-Emissionen bei Überschreitung von 40% der Gesamtemissionen
- Separate Ziele für verschiedene Emissionskategorien
Lieferantenengagement und Umsetzung
Die praktische Umsetzung erfolgt durch systematisches Lieferantenengagement. Supplier Codes of Conduct werden um Klimaverpflichtungen erweitert, und Lieferanten werden bei der Entwicklung eigener SBTi-Ziele unterstützt.

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Kennzahlen zur Steuerung
Die Erfolgsmessung von SBTi-Zielen erfordert spezifische Kennzahlen, die sowohl absolute Emissionsreduktionen als auch operative Fortschritte abbilden.
Emissionskennzahlen und Reduktionsfortschritt
Zentrale KPIs umfassen die jährliche Emissionsreduktion in CO2-Äquivalenten, aufgeschlüsselt nach Scope 1, 2 und 3. Der Fortschritt wird als Prozentsatz der Baseline gemessen, wobei die angestrebte jährliche Reduktionsrate von 4,2% als Benchmark dient.
Lieferanten-Performance-Indikatoren
Lieferantenbezogene Kennzahlen messen die Umsetzungsqualität in der Lieferkette:
- Anteil der Lieferanten mit eigenen SBTi-Zielen
- Durchschnittliche Emissionsintensität pro Lieferant
- Anzahl durchgeführter Energieaudits bei Lieferanten
- Compliance-Rate bei Nachhaltigkeitsanforderungen
Beschaffungseffizienz und Kostenkennzahlen
Operative KPIs bewerten die Effizienz der nachhaltigen Beschaffung. Dazu gehören die Kostenentwicklung pro eingesparter Tonne CO2, die Anzahl implementierter Materialsubstitutionen und die Reduktion des Product Carbon Footprints in kritischen Warengruppen.
Risiken, Abhängigkeiten und Gegenmaßnahmen
Die Implementierung von SBTi-Zielen bringt operative, finanzielle und strategische Risiken mit sich, die proaktiv gemanagt werden müssen.
Lieferkettenabhängigkeiten und Umsetzungsrisiken
Die Erreichung von SBTi-Zielen hängt maßgeblich von der Kooperationsbereitschaft der Lieferanten ab. Fehlende Transparenz bei Scope 3-Emissionen und unzureichende Datenqualität können die Zielerreichung gefährden. Gegenmaßnahmen umfassen systematische Lieferantenschulungen und vertragliche Verpflichtungen.
Kostenrisiken und Budgetauswirkungen
Die Umstellung auf klimafreundliche Beschaffung kann kurzfristig zu höheren Kosten führen:
- Premium-Preise für nachhaltige Materialien und Dienstleistungen
- Investitionen in neue Technologien und Prozesse
- Zusätzliche Ressourcen für Monitoring und Reporting
- Potenzielle Lieferantenwechsel mit Umstellungskosten
Reputations- und Compliance-Risiken
Verfehlung der SBTi-Ziele kann zu erheblichen Reputationsschäden führen. Compliance-Risiken entstehen durch sich verschärfende Regulierung und mögliche Sanktionen bei Nichteinhaltung von Klimaverpflichtungen.
Praxisbeispiel
Ein Automobilhersteller implementiert SBTi-Ziele durch systematische Lieferantenintegration. Das Unternehmen verpflichtet seine 200 wichtigsten Lieferanten vertraglich zur Entwicklung eigener wissenschaftsbasierter Klimaziele bis 2025. Durch gezielte Schulungen, finanzielle Anreize und technische Unterstützung erreicht das Unternehmen eine Beteiligungsquote von 85%. Die Scope 3-Emissionen werden um 15% reduziert, während gleichzeitig die Lieferantenbeziehungen gestärkt werden.
- Vertragliche Verankerung von Klimaverpflichtungen
- Aufbau eines Lieferanten-Support-Programms
- Kontinuierliches Monitoring und Reporting
Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen
Die Entwicklung von SBTi-Zielen wird durch regulatorische Anforderungen, technologische Innovationen und veränderte Stakeholder-Erwartungen vorangetrieben.
Regulatorische Treiber und Compliance
Neue EU-Regulierungen verstärken den Druck auf wissenschaftsbasierte Klimaziele. Die Corporate Sustainability Reporting Directive und das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz schaffen rechtliche Rahmenbedingungen, die SBTi-Ziele als Best Practice etablieren.
Technologische Unterstützung und KI-Integration
Künstliche Intelligenz revolutioniert die Umsetzung von SBTi-Zielen im Einkauf. KI-basierte Systeme ermöglichen automatisierte Emissionsmessungen, prädiktive Analysen für Lieferantenrisiken und optimierte Beschaffungsstrategien zur Zielerreichung. Machine Learning-Algorithmen identifizieren Dekarbonisierungspotenziale in komplexen Lieferketten.
Finanzmarkt und Investorendruck
Investoren und Finanzinstitute integrieren SBTi-Ziele zunehmend in ihre Bewertungskriterien. Unternehmen ohne wissenschaftsbasierte Klimaziele erleben erschwerten Zugang zu Kapital und höhere Finanzierungskosten, was den Adoptionsdruck erhöht.
Fazit
SBTi-Ziele etablieren sich als Standard für glaubwürdige Klimastrategien und transformieren das Beschaffungsmanagement grundlegend. Die systematische Integration wissenschaftsbasierter Klimaziele in Einkaufsprozesse schafft Wettbewerbsvorteile und reduziert regulatorische Risiken. Erfolgreiche Implementierung erfordert strategische Planung, konsequente Lieferantenintegration und kontinuierliches Monitoring. Unternehmen, die SBTi-Ziele proaktiv umsetzen, positionieren sich als Vorreiter der nachhaltigen Transformation.
FAQ
Was sind die Mindestanforderungen für SBTi-Ziele?
SBTi-Ziele müssen eine jährliche Emissionsreduktion von mindestens 4,2% vorsehen und mit dem 1,5°C-Pfad kompatibel sein. Scope 3-Emissionen müssen einbezogen werden, wenn sie mehr als 40% der Gesamtemissionen ausmachen. Die Ziele benötigen eine externe Validierung durch die Science Based Targets initiative.
Wie lange dauert die SBTi-Validierung?
Der Validierungsprozess durch die SBTi dauert typischerweise 6-12 Monate. Unternehmen reichen ihre Ziele online ein und durchlaufen eine technische Prüfung. Bei Nachfragen oder Anpassungsbedarf kann sich der Prozess verlängern. Eine erfolgreiche Validierung ist Voraussetzung für die offizielle Anerkennung als SBTi-konformes Unternehmen.
Welche Kosten entstehen bei der SBTi-Implementierung?
Die Kosten variieren je nach Unternehmensgröße und Komplexität der Lieferkette. Typische Ausgaben umfassen Beratungskosten für die Zielentwicklung (50.000-200.000 Euro), SBTi-Validierungsgebühren (15.000-25.000 USD) und laufende Kosten für Monitoring und Lieferantenengagement. Langfristig können Einsparungen durch Effizienzsteigerungen entstehen.
Wie werden Lieferanten in SBTi-Ziele eingebunden?
Lieferantenintegration erfolgt durch mehrstufige Ansätze: Zunächst werden Emissionsdaten systematisch erfasst und Hotspots identifiziert. Anschließend werden Lieferanten durch Schulungen, technische Unterstützung und finanzielle Anreize zur Entwicklung eigener SBTi-Ziele motiviert. Vertragliche Verpflichtungen und regelmäßige Audits sichern die Umsetzung.



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