Einkaufslexikon
Dekarbonisierung der Lieferkette: Strategien zur CO2-Reduktion in der Beschaffung
November 19, 2025
Die Dekarbonisierung Lieferkette bezeichnet die systematische Reduzierung von Treibhausgasemissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Für Einkaufsorganisationen wird diese Transformation zu einem strategischen Erfolgsfaktor, da bis zu 90% der Unternehmensemissionen in der vorgelagerten Lieferkette entstehen. Erfahren Sie im Folgenden, welche Methoden zur Verfügung stehen, welche Trends die Entwicklung prägen und wie Sie Dekarbonisierungsmaßnahmen erfolgreich steuern können.
Key Facts
- Scope-3-Emissionen machen durchschnittlich 70-90% der gesamten Unternehmensemissionen aus
- EU-Taxonomie und CSRD verpflichten große Unternehmen zur Offenlegung von Klimarisiken
- Science Based Targets Initiative (SBTi) fordert konkrete Reduktionsziele für die gesamte Wertschöpfungskette
- Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) führt ab 2026 CO2-Grenzausgleich für Importe ein
- Lieferantenbewertungen integrieren zunehmend ESG-Kriterien und Klimaperformance
Inhalt
Definition: Dekarbonisierung der Lieferkette
Die Dekarbonisierung der Lieferkette umfasst alle Maßnahmen zur systematischen Reduzierung von Treibhausgasemissionen in vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen.
Kernelemente der Lieferketten-Dekarbonisierung
Die strategische Transformation erfolgt durch mehrere Hebel:
- Erfassung und Bewertung von Scope-3-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette
- Implementierung von Verhaltenskodizes mit Klimazielen für Lieferanten
- Entwicklung klimafreundlicher Beschaffungsstrategien und Produktalternativen
- Integration von CO2-Bewertungen in Lieferantenauswahl und -entwicklung
Dekarbonisierung vs. Carbon Neutrality
Während Carbon Neutrality durch Kompensationsmaßnahmen erreicht werden kann, fokussiert Dekarbonisierung auf die tatsächliche Emissionsreduktion. Science Based Targets verlangen primär absolute Emissionsminderungen vor Kompensation.
Bedeutung der Dekarbonisierung im Einkauf
Einkaufsorganisationen steuern durch Lieferantenauswahl, Vertragsgestaltung und Produktspezifikationen maßgeblich die Klimabilanz. Die Sorgfaltspflichten erweitern sich zunehmend auf Klimarisiken und Emissionstransparenz.
Methoden und Vorgehensweisen
Erfolgreiche Dekarbonisierung erfordert systematische Ansätze zur Emissionserfassung, Lieferantenentwicklung und Produktoptimierung.
Carbon Footprint Assessment
Die Grundlage bildet die vollständige Erfassung aller Emissionsquellen. Product Carbon Footprints ermöglichen produktspezifische Bewertungen, während Life Cycle Assessments den gesamten Lebenszyklus betrachten.
- Systematische Datenerhebung bei Lieferanten zu Energieverbrauch und Emissionen
- Implementierung digitaler Tools zur kontinuierlichen Emissionsmessung
- Aufbau von Transparenz über mehrstufige Lieferketten hinweg
Lieferantenentwicklung und -bewertung
Klimaperformance wird integraler Bestandteil der Lieferantenbewertung. EcoVadis-Ratings und ähnliche Systeme standardisieren die Nachhaltigkeitsbewertung.
- Definition verbindlicher Klimaziele in Lieferantenverträgen
- Regelmäßige Audits zur Überprüfung von Dekarbonisierungsfortschritten
- Aufbau von Kapazitäten durch Schulungen und Best-Practice-Austausch
Strategische Beschaffungsoptimierung
Die Produktauswahl und Spezifikationsentscheidungen bestimmen langfristig die Emissionsbilanz. Materialsubstitution und Kreislaufwirtschaftsansätze reduzieren systematisch den CO2-Fußabdruck.

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Kennzahlen für die Steuerung der Dekarbonisierung der Lieferkette
Effektive Dekarbonisierung erfordert messbare Ziele und kontinuierliches Monitoring durch geeignete Leistungsindikatoren.
Emissionskennzahlen
Absolute und relative Emissionswerte bilden die Grundlage für Zielsetzung und Fortschrittsmessung. Scope-3-Emissionen erfordern besondere Aufmerksamkeit, da sie den größten Anteil ausmachen.
- CO2e-Emissionen pro Beschaffungsvolumen (kg CO2e/€)
- Anteil klimaneutraler Lieferanten am Gesamteinkaufsvolumen (%)
- Reduktionsrate der Scope-3-Emissionen gegenüber Basisjahr (%)
Lieferantenperformance-Indikatoren
Die Bewertung der Lieferantenentwicklung zeigt Fortschritte bei der Transformation auf. Science Based Targets der Lieferanten werden zunehmend als Qualifikationskriterium verwendet.
- Anzahl Lieferanten mit validierten Klimazielen
- Durchschnittlicher EcoVadis-Score der Top-Lieferanten
- Anteil erneuerbarer Energien im Lieferantennetzwerk (%)
Strategische Steuerungskennzahlen
Langfristige Indikatoren messen die strukturelle Transformation der Beschaffung. Recyclingquoten und Kreislaufwirtschaftsansätze werden wichtige Erfolgsmesser.
- Anteil klimaoptimierter Produktspezifikationen am Portfolio (%)
- Investitionen in Lieferantenentwicklung für Klimaziele (€)
- Time-to-Market für klimaneutrale Produktalternativen (Monate)
Risiken, Abhängigkeiten und Gegenmaßnahmen
Die Dekarbonisierung von Lieferketten birgt operative, finanzielle und strategische Risiken, die durch vorausschauende Planung minimiert werden können.
Datenqualität und Transparenz
Unvollständige oder ungenaue Emissionsdaten gefährden die Glaubwürdigkeit von Klimazielen. Besonders in mehrstufigen Lieferketten entstehen Informationslücken, die regulatorische Compliance-Risiken schaffen.
- Implementierung standardisierter Datenerfassungssysteme
- Aufbau redundanter Datenquellen zur Validierung
- Regelmäßige Audits und Plausibilitätsprüfungen
Lieferantenabhängigkeiten
Klimaanforderungen können zu Lieferantenkonzentration führen, wenn nur wenige Anbieter die Standards erfüllen. Due Diligence-Prozesse müssen Klimarisiken und Versorgungssicherheit ausbalancieren.
- Diversifikation der Lieferantenbasis mit Fokus auf Klimaperformance
- Entwicklung von Transformationsplänen für strategische Lieferanten
- Aufbau alternativer Beschaffungsquellen in verschiedenen Regionen
Kostenrisiken und Investitionsbedarf
Dekarbonisierungsmaßnahmen erfordern erhebliche Vorinvestitionen ohne garantierte kurzfristige Rendite. ESG-Risikobewertungen müssen finanzielle Auswirkungen quantifizieren und Budgetplanungen unterstützen.
Praxisbeispiel
Ein Automobilhersteller implementiert systematische Dekarbonisierung seiner Lieferkette durch einen dreistufigen Ansatz. Zunächst werden alle Tier-1-Lieferanten verpflichtet, ihre Scope-1 und Scope-2-Emissionen zu messen und jährlich zu reduzieren. In der zweiten Phase erfolgt die Ausweitung auf kritische Tier-2-Lieferanten mit hohem Emissionsanteil. Schließlich werden Produktspezifikationen überarbeitet, um recycelte Materialien zu bevorzugen und Transportwege zu optimieren.
- 25% Reduktion der Scope-3-Emissionen binnen drei Jahren
- 90% der strategischen Lieferanten mit validierten Klimazielen
- Integration von CO2-Kosten in alle Make-or-Buy-Entscheidungen
Trends & Entwicklungen rund um die Dekarbonisierung der Lieferkette
Regulatorische Verschärfungen und technologische Innovationen beschleunigen die Transformation zu klimaneutralen Lieferketten.
Regulatorische Entwicklungen
Die Corporate Sustainability Reporting Directive erweitert Berichtspflichten erheblich. Das Carbon Border Adjustment Mechanism führt erstmals CO2-Kosten für Importe ein.
- Verschärfung der Sorgfaltspflichten durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
- Ausweitung der EU-Taxonomie auf weitere Wirtschaftssektoren
- Einführung digitaler Produktpässe für Rückverfolgbarkeit
Technologische Innovationen
Künstliche Intelligenz revolutioniert die Emissionsmessung und -prognose in komplexen Liefernetzwerken. Machine Learning ermöglicht präzisere Supply Chain Carbon Footprints und automatisierte Optimierungsempfehlungen.
- Blockchain-basierte Systeme für transparente Emissionsnachweise
- IoT-Sensoren für Echtzeitmonitoring von Energieverbrauch und Emissionen
- Predictive Analytics zur Identifikation von Dekarbonisierungspotenzialen
Marktdynamik und Finanzierung
Green Finance-Instrumente koppeln Finanzierungskonditionen an Klimaperformance. CO2-Preismechanismen schaffen wirtschaftliche Anreize für Emissionsreduktionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Fazit
Die Dekarbonisierung der Lieferkette entwickelt sich vom freiwilligen Nachhaltigkeitsengagement zur geschäftskritischen Notwendigkeit. Regulatorische Verschärfungen, Investorenanforderungen und Kundennachfrage machen Klimatransparenz und -performance zu entscheidenden Wettbewerbsfaktoren. Einkaufsorganisationen, die frühzeitig systematische Dekarbonisierungsstrategien implementieren, sichern sich Zugang zu den besten Lieferanten und reduzieren langfristige Compliance- und Kostenrisiken. Der Erfolg hängt maßgeblich von datengetriebenen Ansätzen, strategischer Lieferantenentwicklung und der Integration von Klimazielen in alle Beschaffungsentscheidungen ab.
FAQ
Was versteht man unter Dekarbonisierung der Lieferkette?
Dekarbonisierung der Lieferkette bezeichnet die systematische Reduzierung von Treibhausgasemissionen in allen vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen eines Unternehmens. Dies umfasst Emissionen von Lieferanten, Transport, Produktnutzung und Entsorgung. Ziel ist die Transformation zu einer klimaneutralen Wertschöpfungskette durch konkrete Reduktionsmaßnahmen statt reiner Kompensation.
Welche Methoden eignen sich zur Emissionsmessung in der Lieferkette?
Bewährte Methoden sind Product Carbon Footprints für produktspezifische Bewertungen, Life Cycle Assessments für ganzheitliche Betrachtungen und Supply Chain Carbon Footprints für netzwerkweite Analysen. Digitale Plattformen ermöglichen automatisierte Datensammlung, während Lieferantenbefragungen und Audits die Datenqualität sicherstellen. Standardisierte Frameworks wie GHG Protocol gewährleisten Vergleichbarkeit.
Wie können Einkaufsorganisationen Lieferanten zur Dekarbonisierung motivieren?
Effektive Hebel sind vertragliche Klimaziele mit messbaren Reduktionsvorgaben, Präferenz für klimaperformante Lieferanten bei Ausschreibungen und finanzielle Anreize durch bessere Konditionen. Capacity Building durch Schulungen und Best-Practice-Austausch unterstützt kleinere Lieferanten. Langfristige Partnerschaften schaffen Planungssicherheit für notwendige Investitionen in klimafreundliche Technologien.
Welche regulatorischen Anforderungen bestehen für Lieferketten-Dekarbonisierung?
Die Corporate Sustainability Reporting Directive verpflichtet zur detaillierten Berichterstattung über Scope-3-Emissionen. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erweitert Due Diligence-Pflichten auf Klimarisiken. Ab 2026 führt das Carbon Border Adjustment Mechanism CO2-Kosten für Importe ein. Science Based Targets werden zunehmend von Investoren und Kunden gefordert.



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