Einkaufslexikon
Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD): EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung im Einkauf
November 19, 2025
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist eine EU-Richtlinie, die Unternehmen zur umfassenden Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet. Sie erweitert die bisherigen Anforderungen erheblich und betrifft direkt die Beschaffung durch neue Transparenzpflichten entlang der Lieferkette. Erfahren Sie im Folgenden, was die CSRD bedeutet, welche Umsetzungspflichten bestehen und wie sich Compliance-Risiken minimieren lassen.
Key Facts
- Gilt ab 2024 schrittweise für große Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern oder 40 Mio. Euro Umsatz
- Erweitert Berichtspflichten auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte (ESG) der gesamten Wertschöpfungskette
- Erfordert externe Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte durch unabhängige Wirtschaftsprüfer
- Betrifft indirekt auch kleinere Lieferanten durch erhöhte Datenanforderungen der berichtspflichtigen Unternehmen
- Basiert auf European Sustainability Reporting Standards (ESRS) mit detaillierten Offenlegungsanforderungen
Inhalt
Was ist das Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)?
Die CSRD definiert neue Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung europäischer Unternehmen und ersetzt die bisherige Non-Financial Reporting Directive (NFRD).
Kernelemente der CSRD
Die Richtlinie umfasst drei wesentliche Säulen der Nachhaltigkeitsberichterstattung:
- Umweltaspekte: Klimawandel, Ressourcenverbrauch, Biodiversität und Kreislaufwirtschaft
- Soziale Belange: Arbeitnehmerrechte, Menschenrechte und Gemeinschaftsauswirkungen
- Governance-Faktoren: Unternehmensführung, Ethik und Compliance-Strukturen
CSRD vs. bisherige Berichtspflichten
Im Vergleich zur NFRD erweitert die CSRD den Anwendungsbereich erheblich. Während zuvor nur etwa 11.000 Unternehmen betroffen waren, fallen künftig rund 50.000 Unternehmen unter die Berichtspflicht. Die EU-Taxonomie wird dabei als Klassifizierungssystem für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten integriert.
Bedeutung der CSRD im Einkauf
Für Einkaufsorganisationen bedeutet die CSRD eine fundamentale Veränderung der Lieferantenbewertung. Due-Diligence-Prozesse müssen um ESG-Kriterien erweitert werden, und die Nachverfolgbarkeit von Materialien wird zur Compliance-Anforderung.
Umsetzung, Pflichten und Nachweise
Die CSRD-Umsetzung erfordert systematische Anpassungen in Berichtsprozessen und Datenerfassung entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Stufenweise Einführung und Anwendungsbereiche
Die Richtlinie wird schrittweise eingeführt: Große börsennotierte Unternehmen berichten ab 2025 über das Geschäftsjahr 2024, große nicht-börsennotierte Unternehmen folgen 2026. Kleine und mittlere börsennotierte Unternehmen haben bis 2027 Zeit, können jedoch eine Verlängerung bis 2028 beantragen.
Datenerfassung und Berichtspflichten
Unternehmen müssen detaillierte Informationen zu ihren Nachhaltigkeitsauswirkungen sammeln und veröffentlichen:
- Quantitative Kennzahlen zu Umweltauswirkungen wie Scope-3-Emissionen
- Soziale Indikatoren entlang der Lieferkette
- Governance-Strukturen und Risikomanagement-Systeme
Externe Prüfung und Qualitätssicherung
Alle CSRD-Berichte unterliegen einer externen Prüfung durch qualifizierte Wirtschaftsprüfer. Diese Compliance-Anforderung erhöht die Datenqualität erheblich und macht manipulierte Angaben rechtlich problematisch.

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Compliance-KPIs & Nachweise zu CSRD
Effektive CSRD-Compliance erfordert messbare Kennzahlen und systematische Nachweisführung zur Überwachung der Berichtspflichten.
Quantitative Leistungsindikatoren
Zentrale KPIs umfassen die Vollständigkeit der Datenerfassung, gemessen als Prozentsatz der Lieferanten mit vollständigen ESG-Daten. Die Datenqualität wird durch Fehlerquoten und Validierungsgrade bewertet. Zusätzlich werden Zeitkennzahlen für die Berichtserstellung und externe Prüfungszyklen überwacht.
Nachweisdokumentation und Audit-Trail
Lückenlose Dokumentation aller Datenquellen und Berechnungsmethoden ist essentiell:
- Lieferantenbewertungen und ESG-Risk-Ratings
- Zertifikate und Compliance-Nachweise wie FSC-PEFC-Zertifikate
- Emissionsdaten und Product Carbon Footprints
Kontinuierliche Verbesserungsmessung
Fortschrittsindikatoren zeigen die Entwicklung der Nachhaltigkeitsleistung über Zeit. Dies umfasst Reduktionsraten bei Emissionen, Verbesserungen in Recyclingquoten und die Zunahme nachhaltiger Lieferantenpartnerschaften.
Compliance-Risiken und Kontrollen zu CSRD
Die CSRD-Compliance birgt verschiedene Risiken, die durch systematische Kontrollmechanismen und präventive Maßnahmen minimiert werden können.
Datenqualität und Vollständigkeit
Unvollständige oder ungenaue Nachhaltigkeitsdaten stellen das größte Compliance-Risiko dar. Fehlende Lieferantendaten können zu Berichtslücken führen und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Regelmäßige Datenvalidierung und die Implementierung von Supplier Codes of Conduct reduzieren diese Risiken erheblich.
Rechtliche und finanzielle Konsequenzen
Verstöße gegen CSRD-Anforderungen können zu erheblichen Bußgeldern und Reputationsschäden führen:
- Sanktionen durch nationale Aufsichtsbehörden
- Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen
- Negative Bewertungen durch Investoren und Kreditgeber
Lieferketten-Transparenz und Kontrollverlust
Komplexe, mehrstufige Lieferketten erschweren die vollständige Datenerfassung. Hinweisgebersysteme und regelmäßige Energieaudits bei Lieferanten schaffen notwendige Transparenz und ermöglichen frühzeitige Risikenerkennung.
Praxisbeispiel
Ein deutscher Automobilhersteller implementiert CSRD-konforme Berichtsprozesse für seine 2.500 Tier-1-Lieferanten. Das Unternehmen entwickelt eine digitale Plattform zur ESG-Datenerfassung und verknüpft diese mit bestehenden ERP-Systemen. Lieferanten müssen quartalsweise Daten zu Energieverbrauch, Emissionen und sozialen Kennzahlen übermitteln. Durch automatisierte Plausibilitätsprüfungen und KI-gestützte Anomalieerkennung reduziert sich der manuelle Validierungsaufwand um 60%. Die externe Prüfung bestätigt die Datenqualität und Compliance mit ESRS-Standards.
- Digitale ESG-Datenplattform mit API-Integration zu Lieferantensystemen
- Automatisierte Validierung und Anomalieerkennung durch Machine Learning
- Quartalsweise Berichterstattung mit externem Audit-Trail
Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen
Die CSRD-Implementierung treibt bedeutende Veränderungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung und digitalen Datenverarbeitung voran.
Digitalisierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung
Künstliche Intelligenz revolutioniert die CSRD-Compliance durch automatisierte Datenerfassung und -analyse. KI-Systeme können große Datenmengen aus verschiedenen Quellen konsolidieren und Inkonsistenzen in Lieferantendaten identifizieren. Dies reduziert den manuellen Aufwand erheblich und verbessert die Datenqualität für GRI-Standards-konforme Berichte.
Auswirkungen auf Lieferantenbeziehungen
Die CSRD verstärkt den Trend zu langfristigen, strategischen Lieferantenpartnerschaften. Unternehmen bevorzugen zunehmend Lieferanten mit robusten ESG-Daten und etablierten Nachhaltigkeitsmanagementsystemen. EcoVadis-Ratings und ähnliche Bewertungssysteme gewinnen als Auswahlkriterien an Bedeutung.
Integration in Risikomanagement-Systeme
CSRD-Anforderungen werden zunehmend in bestehende Risikomanagement-Frameworks integriert. Dies ermöglicht eine ganzheitliche Betrachtung von finanziellen und nicht-finanziellen Risiken und unterstützt die Entwicklung von Science-Based Targets für die Dekarbonisierung.
Fazit
Die Corporate Sustainability Reporting Directive transformiert die europäische Nachhaltigkeitsberichterstattung grundlegend und macht ESG-Transparenz zur rechtlichen Verpflichtung. Für Einkaufsorganisationen bedeutet dies eine strategische Neuausrichtung der Lieferantenbewertung und -entwicklung. Erfolgreiche CSRD-Compliance erfordert digitale Datenplattformen, systematische Lieferantenintegration und kontinuierliche Qualitätssicherung. Unternehmen, die frühzeitig investieren, schaffen Wettbewerbsvorteile durch verbesserte Risikotransparenz und nachhaltige Lieferkettengestaltung.
FAQ
Welche Unternehmen sind von der CSRD betroffen?
Die CSRD gilt für große Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern, 40 Millionen Euro Umsatz oder 20 Millionen Euro Bilanzsumme. Börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen sind ebenfalls erfasst, haben jedoch längere Übergangsfristen bis 2028.
Wie unterscheidet sich CSRD von anderen Nachhaltigkeitsstandards?
Die CSRD ist rechtlich bindend und erfordert externe Prüfung, während viele andere Standards freiwillig sind. Sie integriert bestehende Frameworks wie GRI-Standards und TCFD-Empfehlungen in einem einheitlichen europäischen Rahmen mit detaillierten Offenlegungsanforderungen.
Welche Daten müssen Lieferanten für CSRD-Compliance bereitstellen?
Lieferanten müssen umfassende ESG-Daten liefern: Treibhausgasemissionen aller Scopes, Energieverbrauch, Wassernutzung, Abfallmengen, Arbeitsbedingungen, Menschenrechts-Compliance und Governance-Strukturen. Die Datenqualität muss durch Zertifikate oder externe Audits belegt werden.
Wie können kleine Lieferanten CSRD-Anforderungen erfüllen?
Kleine Lieferanten können Brancheninitiativen nutzen, standardisierte ESG-Bewertungstools einsetzen und sich durch Zertifizierungen qualifizieren. Viele große Abnehmer bieten Unterstützungsprogramme und Schulungen an, um ihre Lieferantenbasis CSRD-konform zu entwickeln.



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