Einkaufslexikon
WEEE: Elektro- und Elektronikgeräte-Abfall-Richtlinie im Einkauf
November 19, 2025
Die WEEE-Richtlinie (Waste Electrical and Electronic Equipment) regelt die umweltgerechte Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten in der EU. Für Einkäufer ist diese Verordnung von zentraler Bedeutung, da sie Herstellerpflichten zur Rücknahme und Verwertung definiert, die bereits bei der Lieferantenauswahl berücksichtigt werden müssen. Erfahren Sie im Folgenden, was WEEE umfasst, welche Umsetzungspflichten bestehen und wie sich aktuelle Entwicklungen auf die Beschaffung auswirken.
Key Facts
- WEEE gilt für alle Elektro- und Elektronikgeräte mit Netzstecker oder Batterie
- Hersteller müssen mindestens 65% der in Verkehr gebrachten Geräte zurücknehmen
- Registrierung bei nationalen Behörden ist für alle Inverkehrbringer verpflichtend
- Finanzierungsgarantien für Entsorgungskosten müssen bereits vor Markteinführung vorliegen
- Verstöße können Bußgelder bis zu 100.000 Euro nach sich ziehen
Inhalt
Was ist WEEE? Definition, Geltungsbereich und Zielsetzung
Die WEEE-Richtlinie zielt darauf ab, Elektroschrott zu reduzieren und die Kreislaufwirtschaft zu fördern.
Kernelemente der WEEE-Richtlinie
WEEE steht für "Waste Electrical and Electronic Equipment" und umfasst alle Geräte, die elektrischen Strom oder elektromagnetische Felder nutzen. Die Richtlinie definiert zehn Gerätekategorien:
- Haushaltsgroßgeräte (Kühlschränke, Waschmaschinen)
- Haushaltskleingeräte (Staubsauger, Bügeleisen)
- IT- und Telekommunikationsgeräte
- Geräte der Unterhaltungselektronik
- Beleuchtungskörper
WEEE vs. RoHS-Verordnung
Während RoHS-Bestimmungen die Verwendung gefährlicher Stoffe in Elektrogeräten beschränken, regelt WEEE deren Entsorgung am Lebensende. Beide Regelwerke ergänzen sich und müssen parallel beachtet werden.
Bedeutung von WEEE im Einkauf
Einkäufer müssen sicherstellen, dass Lieferanten WEEE-konform agieren. Dies umfasst die Prüfung von Registrierungen, Finanzierungsgarantien und Rücknahmesystemen bereits in der Ausschreibungsphase.
Umsetzung, Pflichten und Nachweise
Die praktische Umsetzung der WEEE-Richtlinie erfordert systematische Prozesse und dokumentierte Nachweise.
Registrierungs- und Meldepflichten
Hersteller und Importeure müssen sich vor Inverkehrbringung bei der nationalen Registrierungsstelle anmelden. In Deutschland erfolgt dies über die Stiftung Elektro-Altgeräte Register (EAR). Jährliche Mengenmeldungen über in Verkehr gebrachte Geräte sind verpflichtend.
Finanzierungsgarantien und Rücknahmesysteme
Unternehmen müssen nachweisen, dass sie die Kosten für Sammlung, Behandlung und Verwertung ihrer Geräte tragen können. Dies erfolgt durch:
- Beteiligung an kollektiven Rücknahmesystemen
- Individuelle Rücknahmelösungen
- Finanzielle Garantien (Versicherungen, Bankbürgschaften)
Dokumentation und Compliance-Nachweis
Einkäufer sollten von Lieferanten folgende Dokumente einfordern: WEEE-Registrierungsnummer, Nachweis der Finanzierungsgarantie und Bestätigung der Compliance-Prozesse. Diese Unterlagen sind regelmäßig zu aktualisieren.

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Compliance-Kennzahlen und Quoten zu WEEE
Messbare Kennzahlen ermöglichen eine systematische Überwachung der WEEE-Compliance und Identifikation von Verbesserungspotenzialen.
Sammel- und Verwertungsquoten
Die WEEE-Richtlinie definiert verbindliche Mindestquoten: 65% der durchschnittlich in den drei Vorjahren in Verkehr gebrachten Geräte müssen gesammelt werden. Die Verwertungsquote liegt je nach Gerätekategorie zwischen 70% und 85% des Gerätegewichts.
Lieferanten-Compliance-Rate
Zentrale KPIs umfassen:
- Anteil WEEE-registrierter Lieferanten (Zielwert: 100%)
- Vollständigkeit der Compliance-Dokumentation
- Durchschnittliche Bearbeitungszeit für Compliance-Prüfungen
- Anzahl identifizierter Compliance-Verstöße pro Quartal
Kosteneffizienz und Risikominimierung
Weitere relevante Kennzahlen sind die durchschnittlichen Compliance-Kosten pro Lieferant, die Anzahl vermiedener Rechtsverstöße und die Recyclingquoten der beschafften Geräte. Diese Metriken unterstützen die kontinuierliche Optimierung der WEEE-Compliance-Strategie.
Risiken, Abhängigkeiten und Gegenmaßnahmen
WEEE-Verstöße können erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben, die durch präventive Maßnahmen minimiert werden können.
Rechtliche und finanzielle Risiken
Nicht-konforme Lieferanten können zu Bußgeldern bis 100.000 Euro, Vertriebsverboten und Regressforderungen führen. Einkäufer haften mittelbar, wenn sie ihre Sorgfaltspflichten verletzen. Besonders kritisch sind Grauimporte ohne ordnungsgemäße WEEE-Registrierung.
Lieferkettenrisiken und Abhängigkeiten
Komplexe Lieferketten erschweren die Compliance-Überwachung. Risiken entstehen durch:
- Wechselnde Distributoren ohne WEEE-Registrierung
- Unklare Verantwortlichkeiten bei Eigenmarken
- Fehlende Transparenz bei Sublieferanten
Präventive Gegenmaßnahmen
Systematische Lieferantenbewertungen mit WEEE-Kriterien, regelmäßige Compliance-Audits und vertragliche Absicherungen reduzieren Risiken erheblich. Ein Supplier Code of Conduct sollte explizite WEEE-Anforderungen enthalten und durch Hinweisgebersysteme ergänzt werden.
Praxisbeispiel
Ein Industrieunternehmen beschafft IT-Hardware für 500 Arbeitsplätze. Der Einkäufer prüft zunächst die WEEE-Registrierung aller Anbieter über das EAR-Register. Anbieter ohne gültige Registrierung werden ausgeschlossen. Bei der Vertragsgestaltung wird eine Klausel aufgenommen, die den Lieferanten zur kontinuierlichen WEEE-Compliance verpflichtet. Zusätzlich wird eine Rücknahmegarantie für Altgeräte vereinbart. Quartalsweise erfolgt eine Überprüfung der Registrierungsstatus aller aktiven Lieferanten.
- Vorab-Prüfung der WEEE-Registrierung aller Bieter
- Vertragliche Absicherung der Compliance-Pflichten
- Regelmäßige Überwachung der Registrierungsstatus
Aktuelle Entwicklungen und Auslegung zu WEEE
Die WEEE-Richtlinie wird kontinuierlich weiterentwickelt, um neuen Technologien und Marktentwicklungen Rechnung zu tragen.
Digitalisierung der Meldeprozesse
Nationale Behörden digitalisieren zunehmend ihre Registrierungs- und Meldeverfahren. Online-Portale ermöglichen eine effizientere Abwicklung und bessere Nachverfolgbarkeit der gemeldeten Mengen. Dies vereinfacht auch die Compliance-Prüfung für Einkäufer.
Erweiterte Herstellerverantwortung
Der Trend geht zu einer stärkeren Einbindung der Hersteller in die gesamte Wertschöpfungskette. Neue Ansätze umfassen:
- Ökodesign-Anforderungen für bessere Recyclingfähigkeit
- Mindestquoten für Recyclingmaterialien in Neuprodukten
- Verlängerte Garantiezeiten zur Lebensdauerverlängerung
KI-gestützte Compliance-Überwachung
Künstliche Intelligenz unterstützt zunehmend bei der Überwachung von WEEE-Compliance. Automatisierte Systeme können Registrierungsstatus prüfen, Meldedaten analysieren und Risiken in der Lieferkette identifizieren, was die Due-Diligence-Prozesse erheblich beschleunigt.
Fazit
Die WEEE-Richtlinie ist ein zentraler Baustein der europäischen Kreislaufwirtschaft und erfordert von Einkäufern eine systematische Compliance-Überwachung. Durch präventive Lieferantenprüfungen, vertragliche Absicherungen und regelmäßige Kontrollen lassen sich rechtliche Risiken minimieren und Wettbewerbsvorteile erzielen. Die zunehmende Digitalisierung der Meldeprozesse und KI-gestützte Compliance-Tools werden die Umsetzung künftig weiter vereinfachen.
FAQ
Was bedeutet WEEE konkret für Einkäufer?
Einkäufer müssen sicherstellen, dass alle Lieferanten von Elektro- und Elektronikgeräten ordnungsgemäß bei der nationalen Registrierungsstelle angemeldet sind und über gültige Finanzierungsgarantien verfügen. Dies ist bereits bei der Lieferantenauswahl zu prüfen und regelmäßig zu überwachen.
Wie prüfe ich die WEEE-Compliance meiner Lieferanten?
In Deutschland können Sie die Registrierung über das Online-Portal der Stiftung EAR überprüfen. Fordern Sie von Lieferanten die WEEE-Registrierungsnummer, Nachweise der Finanzierungsgarantie und aktuelle Compliance-Bestätigungen an. Dokumentieren Sie diese Prüfungen systematisch.
Welche Strafen drohen bei WEEE-Verstößen?
Verstöße gegen die WEEE-Richtlinie können Bußgelder bis zu 100.000 Euro, Vertriebsverbote und zivilrechtliche Schadensersatzforderungen zur Folge haben. Einkäufer können mittelbar haftbar gemacht werden, wenn sie ihre Sorgfaltspflichten bei der Lieferantenauswahl verletzen.
Gilt WEEE auch für B2B-Geräte?
Ja, WEEE gilt grundsätzlich für alle Elektro- und Elektronikgeräte, unabhängig davon, ob sie an Verbraucher oder Unternehmen verkauft werden. Allerdings können für B2B-Geräte teilweise abweichende Rücknahme- und Finanzierungsregelungen gelten, die individuell vereinbart werden können.



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