Einkaufslexikon
Eignungskriterien: Definition, Anwendung und Bedeutung im Einkauf
November 19, 2025
Eignungskriterien bilden das Fundament für eine objektive und rechtssichere Lieferantenauswahl in Beschaffungsprozessen. Sie definieren die Mindestanforderungen, die Bieter erfüllen müssen, um an einem Vergabeverfahren teilnehmen zu können. Diese Kriterien gewährleisten, dass nur qualifizierte und zuverlässige Lieferanten berücksichtigt werden. Erfahren Sie im Folgenden, was Eignungskriterien sind, wie sie angewendet werden und welche strategische Bedeutung sie für den Einkauf haben.
Key Facts
- Eignungskriterien prüfen die grundsätzliche Befähigung von Bietern zur Auftragserfüllung
- Sie umfassen fachliche, wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit sowie Zuverlässigkeit
- Rechtliche Grundlage bilden das GWB und die Vergabeverordnungen (VgV, VOB/A, VOL/A)
- Unterscheidung zwischen Muss-Kriterien (K.O.-Kriterien) und Kann-Kriterien
- Transparente Definition und Kommunikation sind vergaberechtlich verpflichtend
Inhalt
Definition: Eignungskriterien – Bedeutung und Anwendung
Eignungskriterien sind objektive Maßstäbe zur Bewertung der grundsätzlichen Befähigung von Bietern in Vergabeverfahren. Sie dienen der Vorauswahl qualifizierter Lieferanten vor der eigentlichen Angebotsbewertung.
Wesentliche Bestandteile von Eignungskriterien
Eignungskriterien gliedern sich in verschiedene Kategorien, die eine umfassende Bewertung der Bieterqualifikation ermöglichen:
- Fachliche Leistungsfähigkeit (Referenzen, Erfahrung, Personal)
- Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (Bonität, Umsatz, Eigenkapital)
- Technische Leistungsfähigkeit (Ausstattung, Zertifizierungen, Kapazitäten)
- Zuverlässigkeit (Rechtstreue, Sozialstandards, Umweltschutz)
Eignungskriterien vs. Zuschlagskriterien
Während Eignungskriterien die grundsätzliche Teilnahmeberechtigung prüfen, bewerten Zuschlagskriterien die konkreten Angebotsinhalte. Eignungskriterien sind binär (erfüllt/nicht erfüllt), Zuschlagskriterien ermöglichen eine graduelle Bewertung.
Bedeutung von Eignungskriterien im Einkauf
Eignungskriterien schaffen Rechtssicherheit und Transparenz in Ausschreibungsverfahren. Sie reduzieren das Risiko ungeeigneter Lieferanten und gewährleisten eine faire Teilnehmerauswahl. Durch klare Definition in der Leistungsbeschreibung werden Nachfragen und Rechtsstreitigkeiten minimiert.
Methoden und Vorgehensweisen
Die systematische Entwicklung und Anwendung von Eignungskriterien erfordert strukturierte Methoden und bewährte Vorgehensweisen zur Sicherstellung einer objektiven Lieferantenbewertung.
Entwicklung eines Anforderungskatalogs
Ein strukturierter Anforderungskatalog bildet die Grundlage für aussagekräftige Eignungskriterien. Dabei werden projektspezifische Mindestanforderungen definiert und in messbare Parameter übersetzt:
- Analyse der Leistungsanforderungen und Risikofaktoren
- Definition von Mindeststandards je Eignungskategorie
- Festlegung von Nachweis- und Dokumentationsanforderungen
Muss- und Kann-Kriterien Systematik
Die Unterscheidung zwischen Muss- und Kann-Kriterien ermöglicht eine differenzierte Bewertung. Muss-Kriterien fungieren als K.O.-Kriterien, während Kann-Kriterien zusätzliche Qualifikationen bewerten.
Pre-Qualification Verfahren
Durch Pre-Qualification werden Eignungskriterien bereits vor der eigentlichen Ausschreibung geprüft. Dies reduziert den Aufwand in der späteren Angebotsprüfung und schafft einen qualifizierten Bieterkreis.

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Kennzahlen zur Steuerung von Eignungskriterien
Messbare Kennzahlen ermöglichen die kontinuierliche Optimierung von Eignungskriterien und deren Anwendung in Beschaffungsprozessen.
Qualifikationsquote und Teilnehmeranzahl
Die Anzahl qualifizierter Bieter im Verhältnis zu den Bewerbern zeigt die Angemessenheit der Eignungskriterien. Eine zu niedrige Quote deutet auf überzogene Anforderungen hin:
- Qualifikationsquote: Qualifizierte Bieter / Gesamtbewerber
- Durchschnittliche Teilnehmerzahl pro Ausschreibung
- Ablehnungsquote nach Eignungskategorien
Prozesseffizienz-Kennzahlen
Die Dauer und der Aufwand der Eignungsprüfung beeinflussen die Effizienz des gesamten Beschaffungsprozesses. Optimierte Kriterien reduzieren den Prüfaufwand bei gleichbleibender Qualität.
Lieferantenperformance nach Qualifikation
Die spätere Leistung beauftragter Lieferanten validiert die Wirksamkeit der Eignungskriterien. Systematische Performance-Analysen ermöglichen die kontinuierliche Verbesserung der Qualifikationsstandards.
Risiken, Abhängigkeiten und Gegenmaßnahmen
Bei der Definition und Anwendung von Eignungskriterien entstehen verschiedene Risiken, die durch geeignete Maßnahmen minimiert werden können.
Vergaberechtliche Risiken
Unklare oder diskriminierende Eignungskriterien können zu Rechtsstreitigkeiten und Vergabeverfahren führen. Besonders kritisch sind überzogene Anforderungen, die den Wettbewerb einschränken:
- Verhältnismäßigkeitsprüfung aller Kriterien
- Transparente Kommunikation in Vergabeunterlagen
- Rechtliche Prüfung durch Vergabespezialisten
Marktverengung durch zu strenge Kriterien
Übermäßig restriktive Eignungskriterien können qualifizierte Bieter ausschließen und den Wettbewerb reduzieren. Dies führt zu höheren Preisen und geringerer Innovation.
Dokumentations- und Nachweisrisiken
Unvollständige oder fehlerhafte Dokumentation der Eignungsprüfung gefährdet die Rechtssicherheit des Vergabeverfahrens. Eine systematische Vergabeakte ist essentiell für die Nachvollziehbarkeit aller Entscheidungen.
Praxisbeispiel
Ein Automobilhersteller definiert für die Beschaffung von Elektronikkomponenten spezifische Eignungskriterien: Mindestens drei Jahre Erfahrung in der Automobilindustrie, ISO/TS 16949 Zertifizierung, Jahresumsatz von mindestens 10 Millionen Euro und Nachweis einer Cyber-Security-Zertifizierung. Von 15 Bewerbern erfüllen acht Unternehmen alle Kriterien und werden zur Angebotsabgabe eingeladen.
- Klare Mindestanforderungen reduzieren ungeeignete Bewerber
- Branchenspezifische Zertifizierungen sichern Qualitätsstandards
- Wirtschaftliche Stabilität minimiert Lieferrisiken
Trends & Entwicklungen rund um Eignungskriterien
Die Digitalisierung und veränderte Marktanforderungen prägen die Weiterentwicklung von Eignungskriterien in modernen Beschaffungsprozessen.
Digitalisierung der Eignungsprüfung
Elektronische Plattformen und KI-basierte Systeme revolutionieren die Bewertung von Eignungskriterien. Automatisierte Datenabgleiche und digitale Nachweisverfahren beschleunigen die Qualifikationsprüfung erheblich:
- Automatisierte Bonitätsprüfungen und Compliance-Checks
- Digitale Zertifikatsvalidierung und Referenzprüfung
- KI-gestützte Risikoanalyse von Lieferantenprofilen
Nachhaltigkeits- und ESG-Kriterien
Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte gewinnen als Eignungskriterien zunehmend an Bedeutung. Unternehmen integrieren Nachhaltigkeitsstandards systematisch in ihre Lieferantenqualifikation.
Cyber-Security und Datenschutz
IT-Sicherheit und Datenschutzkonformität entwickeln sich zu kritischen Eignungskriterien. Zertifizierungen nach ISO 27001 oder vergleichbaren Standards werden zunehmend als Mindestanforderung definiert.
Fazit
Eignungskriterien sind unverzichtbare Instrumente für eine professionelle und rechtssichere Lieferantenauswahl. Sie schaffen Transparenz, reduzieren Beschaffungsrisiken und gewährleisten faire Wettbewerbsbedingungen. Die kontinuierliche Anpassung an veränderte Marktanforderungen und rechtliche Rahmenbedingungen ist dabei essentiell. Durch systematische Anwendung und regelmäßige Überprüfung tragen Eignungskriterien maßgeblich zum Erfolg strategischer Beschaffungsprozesse bei.
FAQ
Was ist der Unterschied zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien?
Eignungskriterien prüfen die grundsätzliche Befähigung zur Auftragserfüllung und sind binär bewertbar (erfüllt/nicht erfüllt). Zuschlagskriterien bewerten hingegen die konkreten Angebotsinhalte graduell und dienen der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots.
Wie werden Eignungskriterien rechtssicher formuliert?
Eignungskriterien müssen verhältnismäßig, transparent und diskriminierungsfrei sein. Sie sollten objektiv messbar, auftragsbezogen und in den Vergabeunterlagen eindeutig definiert werden. Eine rechtliche Prüfung durch Vergabespezialisten ist empfehlenswert.
Können Eignungskriterien während des Verfahrens geändert werden?
Grundsätzlich sind Änderungen der Eignungskriterien nach Veröffentlichung der Ausschreibung nicht zulässig, da dies den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen würde. Nur bei schwerwiegenden Fehlern sind Berichtigungen unter strengen Voraussetzungen möglich.
Welche Nachweise können für Eignungskriterien verlangt werden?
Zulässige Nachweise umfassen Referenzen, Zertifikate, Bilanzen, Bonitätsauskünfte und Eigenerklärungen. Die geforderten Nachweise müssen verhältnismäßig und zur Beurteilung der jeweiligen Eignungskategorie geeignet sein.



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