Einkaufslexikon
Claim Management: Systematische Bearbeitung von Ansprüchen und Forderungen
November 19, 2025
Claim Management bezeichnet die systematische Bearbeitung und Verwaltung von Ansprüchen, Forderungen und Nachträgen zwischen Vertragspartnern. Im Einkauf spielt dieser Prozess eine zentrale Rolle bei der Durchsetzung berechtigter Ansprüche gegenüber Lieferanten sowie der professionellen Abwehr unbegründeter Forderungen. Erfahren Sie im Folgenden, was Claim Management umfasst, welche Prozessschritte erforderlich sind und wie Sie Risiken minimieren können.
Key Facts
- Systematische Bearbeitung von Ansprüchen und Forderungen zwischen Vertragspartnern
- Umfasst sowohl die Durchsetzung eigener Ansprüche als auch die Abwehr unbegründeter Forderungen
- Erfordert fundierte Vertrags- und Rechtskenntnisse sowie strukturierte Dokumentation
- Zentrale Bedeutung für Kostenoptimierung und Risikominimierung im Einkauf
- Digitale Tools unterstützen zunehmend die effiziente Bearbeitung und Nachverfolgung
Inhalt
Was ist Claim Management? Definition und Ablauf
Claim Management umfasst die professionelle Bearbeitung aller Ansprüche und Forderungen, die zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer entstehen können.
Grundlagen und Kernelemente
Claim Management beinhaltet die systematische Identifikation, Bewertung und Bearbeitung von Ansprüchen. Dabei werden sowohl eigene berechtigte Forderungen durchgesetzt als auch unbegründete Ansprüche der Gegenseite abgewehrt. Der Prozess erfordert eine strukturierte Herangehensweise mit klarer Dokumentation und rechtlicher Fundierung.
- Anspruchsidentifikation und -bewertung
- Rechtliche Prüfung und Dokumentation
- Verhandlungsführung und Kommunikation
- Durchsetzung oder Abwehr von Forderungen
Claim Management vs. Reklamationsmanagement
Während sich Reklamationsmanagement primär auf die Bearbeitung von Qualitätsmängeln konzentriert, umfasst Claim Management ein breiteres Spektrum rechtlicher und vertraglicher Ansprüche. Dies schließt Terminverzögerungen, Mehrkosten, Planungsänderungen und andere vertragsrelevante Sachverhalte ein.
Bedeutung von Claim Management im Einkauf
Im Beschaffungsbereich trägt professionelles Claim Management zur Kostenoptimierung und Risikominimierung bei. Es stärkt die Verhandlungsposition gegenüber Lieferanten und gewährleistet die Durchsetzung vertraglicher Vereinbarungen. Gleichzeitig schützt es vor ungerechtfertigten Forderungen und trägt zur Verbesserung der Lieferantenbeziehungen bei.
Prozessschritte und Verantwortlichkeiten
Ein strukturierter Claim Management-Prozess gewährleistet die effiziente und rechtssichere Bearbeitung aller Ansprüche.
Anspruchsidentifikation und Erstbewertung
Der erste Schritt umfasst die systematische Identifikation potenzieller Ansprüche durch kontinuierliche Überwachung der Vertragserfüllung. Dabei werden Abweichungen von vereinbarten Leistungen, Terminen oder Qualitätsstandards erfasst und einer ersten rechtlichen Bewertung unterzogen.
- Kontinuierliche Vertragsüberwachung
- Dokumentation von Abweichungen
- Erste rechtliche Einschätzung
Dokumentation und Beweissicherung
Eine lückenlose Dokumentation bildet das Fundament erfolgreichen Claim Managements. Alle relevanten Unterlagen, Kommunikation und Nachweise werden systematisch erfasst und rechtssicher archiviert. Dies umfasst Verträge, Änderungsaufträge, Korrespondenz und technische Dokumentationen.
Verhandlung und Durchsetzung
Die professionelle Verhandlungsführung erfordert sowohl rechtliche als auch kaufmännische Expertise. Dabei werden zunächst außergerichtliche Lösungen angestrebt, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden. Eine klare Delegation of Authority regelt die Entscheidungsbefugnisse im Prozess.

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Wichtige KPIs für Claim Management
Aussagekräftige Kennzahlen ermöglichen die Bewertung der Effektivität und Effizienz des Claim Management-Prozesses.
Erfolgs- und Durchsetzungsquoten
Die Erfolgsquote misst den Anteil erfolgreich durchgesetzter Ansprüche im Verhältnis zu allen geltend gemachten Forderungen. Eine hohe Quote deutet auf professionelle Anspruchsbewertung und -verfolgung hin. Ergänzend wird die durchschnittliche Durchsetzungszeit als Effizienzindikator herangezogen.
- Erfolgsquote eigener Ansprüche (%)
- Abwehrquote unbegründeter Forderungen (%)
- Durchschnittliche Bearbeitungszeit (Tage)
Finanzielle Kennzahlen
Das durchgesetzte Claim-Volumen im Verhältnis zum Gesamteinkaufsvolumen zeigt die finanzielle Bedeutung des Claim Managements auf. Die Kosten-Nutzen-Relation berücksichtigt sowohl die Prozesskosten als auch die erzielten Einsparungen und vermiedenen Verluste.
Präventive Indikatoren
Die Anzahl identifizierter potenzieller Ansprüche pro Vertrag oder Lieferant ermöglicht eine proaktive Risikosteuerung. Frühzeitige Erkennung und präventive Maßnahmen reduzieren sowohl die Anzahl als auch die Komplexität späterer Ansprüche erheblich.
Prozessrisiken und Gegenmaßnahmen beim Claim Management
Unzureichendes Claim Management kann zu erheblichen finanziellen Verlusten und rechtlichen Problemen führen.
Dokumentations- und Beweisrisiken
Mangelhafte Dokumentation stellt das größte Risiko im Claim Management dar. Fehlende oder unvollständige Unterlagen erschweren die Durchsetzung berechtigter Ansprüche erheblich. Eine systematische Dokumentationsstrategie mit klaren Verantwortlichkeiten ist daher unerlässlich.
- Lückenlose Vertragsüberwachung implementieren
- Digitale Archivierungssysteme einsetzen
- Regelmäßige Schulungen durchführen
Verjährungs- und Fristenrisiken
Versäumte Fristen können zur Verjährung von Ansprüchen führen und erhebliche finanzielle Verluste verursachen. Ein systematisches Fristenmanagement mit automatisierten Erinnerungssystemen minimiert diese Risiken. Die Integration in bestehende Einkaufsprozesse gewährleistet eine lückenlose Überwachung.
Eskalations- und Beziehungsrisiken
Unsachgemäße Anspruchsverfolgung kann zu Eskalationen und nachhaltigen Schäden in Lieferantenbeziehungen führen. Eine ausgewogene Herangehensweise zwischen Durchsetzung berechtigter Ansprüche und Erhaltung strategischer Partnerschaften ist erforderlich. Professionelle Kommunikation und Verhandlungsführung minimieren diese Risiken.
Praxisbeispiel
Ein Automobilzulieferer implementiert ein systematisches Claim Management für Lieferverzögerungen. Nach einer verspäteten Lieferung kritischer Komponenten dokumentiert das Einkaufsteam alle entstehenden Mehrkosten durch Produktionsausfälle und Eilfrachten. Durch professionelle Verhandlungsführung und lückenlose Dokumentation werden 85% der geltend gemachten Schadensersatzforderungen durchgesetzt.
- Sofortige Schadensdokumentation und Beweissicherung
- Rechtliche Prüfung der Anspruchsgrundlagen
- Strukturierte Verhandlungsführung mit dem Lieferanten
- Erfolgreiche Durchsetzung von 340.000 Euro Schadensersatz
Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen
Die Digitalisierung und neue rechtliche Rahmenbedingungen prägen die Weiterentwicklung des Claim Managements erheblich.
Digitalisierung und KI-Unterstützung
Moderne Claim Management-Systeme nutzen künstliche Intelligenz zur automatisierten Anspruchsidentifikation und -bewertung. Machine Learning-Algorithmen analysieren Vertragsdaten und historische Fälle, um potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen. Die KI im Einkauf ermöglicht eine effizientere Bearbeitung und bessere Erfolgsquoten.
Regulatorische Entwicklungen
Neue gesetzliche Bestimmungen wie das Lieferkettengesetz erweitern den Anwendungsbereich des Claim Managements. Compliance-Anforderungen und ESG-Kriterien werden zunehmend zu Gegenständen von Ansprüchen und müssen entsprechend berücksichtigt werden.
Präventive Ansätze
Der Fokus verschiebt sich von reaktiver Anspruchsbearbeitung hin zu präventiven Maßnahmen. Durch verbesserte Vertragsgestaltung, kontinuierliches Monitoring und proaktive Kommunikation lassen sich viele Ansprüche bereits im Vorfeld vermeiden oder minimieren.
Fazit
Claim Management stellt einen kritischen Erfolgsfaktor für professionelle Beschaffungsorganisationen dar. Die systematische Bearbeitung von Ansprüchen und Forderungen trägt erheblich zur Kostenoptimierung und Risikominimierung bei. Digitale Unterstützung und präventive Ansätze werden zunehmend wichtiger für die effiziente Prozessgestaltung. Unternehmen, die Claim Management strategisch implementieren, erzielen nachhaltige Wettbewerbsvorteile durch verbesserte Verhandlungspositionen und optimierte Lieferantenbeziehungen.
FAQ
Was unterscheidet Claim Management von gewöhnlicher Reklamationsbearbeitung?
Claim Management umfasst die systematische Bearbeitung aller vertraglichen Ansprüche und Forderungen, während Reklamationsmanagement sich primär auf Qualitätsmängel konzentriert. Es beinhaltet rechtliche Bewertung, strukturierte Dokumentation und professionelle Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen über den gesamten Vertragslebenszyklus.
Welche Voraussetzungen sind für erfolgreiches Claim Management erforderlich?
Erfolgreiches Claim Management erfordert fundierte Vertrags- und Rechtskenntnisse, systematische Dokumentationsprozesse und klare Verantwortlichkeiten. Zusätzlich sind professionelle Verhandlungsfähigkeiten, digitale Unterstützungssysteme und eine präventive Herangehensweise bei der Vertragsgestaltung notwendig.
Wie lassen sich Claim Management-Prozesse effizient digitalisieren?
Digitale Claim Management-Systeme automatisieren die Anspruchsidentifikation, Dokumentation und Fristenverfolgung. KI-basierte Analysen unterstützen die Bewertung von Erfolgsaussichten und optimieren Verhandlungsstrategien. Integration in bestehende ERP-Systeme gewährleistet nahtlose Datenflüsse und verbesserte Transparenz.
Welche finanziellen Auswirkungen hat professionelles Claim Management?
Professionelles Claim Management kann erhebliche Kosteneinsparungen durch erfolgreiche Anspruchsdurchsetzung und Abwehr unbegründeter Forderungen erzielen. Typische Einsparungen liegen zwischen 2-5% des Einkaufsvolumens, abhängig von Branche und Komplexität der Verträge. Zusätzlich werden Rechtsstreitkosten und Reputationsrisiken minimiert.





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