Einkaufslexikon
REACH: EU-Chemikalienverordnung für sicheren Einkauf und Compliance
November 19, 2025
REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) ist die zentrale EU-Verordnung zur Regulierung von Chemikalien und deren sicherer Verwendung. Für Einkäufer bedeutet dies umfassende Compliance-Pflichten bei der Beschaffung chemischer Stoffe und Erzeugnisse. Die Verordnung beeinflusst Lieferantenauswahl, Produktbewertung und Risikomanagement erheblich. Erfahren Sie im Folgenden, was REACH umfasst, welche Pflichten bestehen und wie Sie Compliance-Risiken erfolgreich managen.
Key Facts
- REACH gilt seit 2007 für alle Chemikalien ab 1 Tonne pro Jahr und Hersteller
- Registrierungspflicht bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) für Produzenten und Importeure
- Kandidatenliste besonders besorgniserregender Stoffe (SVHC) wird kontinuierlich erweitert
- Informationspflichten entlang der gesamten Lieferkette bis zum Endverbraucher
- Verstöße können zu Vertriebsverboten und erheblichen Bußgeldern führen
Inhalt
Was ist REACH? Definition, Geltungsbereich und Zielsetzung
REACH steht für Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals und ist die EU-Verordnung 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe.
Kernelemente der REACH-Verordnung
Die Verordnung umfasst vier zentrale Säulen, die den gesamten Lebenszyklus chemischer Stoffe regulieren:
- Registrierung: Anmeldung aller Chemikalien ab 1 Tonne/Jahr bei der ECHA
- Bewertung: Prüfung der Stoffsicherheit und Risikobewertung
- Zulassung: Genehmigungsverfahren für besonders besorgniserregende Stoffe
- Beschränkung: Verwendungsverbote oder -einschränkungen für gefährliche Chemikalien
REACH vs. andere Chemikalienregulierungen
Im Gegensatz zu nationalen Regelungen schafft REACH einen einheitlichen EU-weiten Standard. Während RoHS-Richtlinien spezifische Elektronikprodukte betreffen, gilt REACH branchenübergreifend für alle chemischen Stoffe und Gemische.
Bedeutung von REACH im Einkauf
Für Beschaffungsorganisationen bedeutet REACH eine fundamentale Veränderung der Lieferantenbewertung. Compliance-Einkauf erfordert systematische Prüfung der REACH-Konformität aller chemischen Inputs und eine Restricted Substances List zur Risikominimierung.
Umsetzung, Pflichten und Nachweise
Die praktische REACH-Umsetzung erfordert strukturierte Prozesse zur Identifikation, Bewertung und Dokumentation aller relevanten Chemikalien in der Lieferkette.
Registrierungspflichten und Fristen
Hersteller und Importeure müssen alle Stoffe ab 1 Tonne pro Jahr bei der ECHA registrieren. Die Registrierung umfasst umfangreiche Dossiers mit Stoffeigenschaften, Verwendungszwecken und Sicherheitsdatenblättern.
- Vollständige technische Dossiers für Mengen über 10 Tonnen/Jahr
- Chemikaliensicherheitsberichte ab 10 Tonnen/Jahr
- Aktualisierung bei Mengen- oder Verwendungsänderungen
Informationspflichten in der Lieferkette
Lieferanten müssen Abnehmer über SVHC-Stoffe oberhalb 0,1 Gewichtsprozent informieren. Due Diligence-Prozesse stellen sicher, dass alle erforderlichen Informationen rechtzeitig übermittelt werden.
Zulassungsverfahren für SVHC-Stoffe
Besonders besorgniserregende Stoffe der Kandidatenliste benötigen eine Zulassung für spezifische Verwendungen. Unternehmen müssen Substitutionspläne entwickeln oder den sozioökonomischen Nutzen nachweisen.

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Compliance-KPIs & Nachweise zu REACH
Effektives REACH-Management erfordert messbare Kennzahlen zur Überwachung der Compliance-Performance und kontinuierlichen Verbesserung der Prozesse.
Compliance-Rate und Vollständigkeit
Die REACH-Compliance-Rate misst den Anteil konformer Lieferanten und Produkte. Zielwerte liegen bei 100% für kritische Stoffe und mindestens 95% für alle anderen Materialien.
- Anteil registrierter Stoffe an Gesamtvolumen
- Vollständigkeit der Sicherheitsdatenblätter
- Rechtzeitigkeit der SVHC-Meldungen
Reaktionszeiten und Prozesseffizienz
Durchschnittliche Bearbeitungszeiten für REACH-Anfragen, Substitutionsprojekte und Compliance-Updates zeigen die Effizienz der internen Prozesse. Benchmark-Werte liegen bei maximal 5 Arbeitstagen für Standardanfragen.
Kosteneffizienz und ROI
REACH-Compliance-Kosten werden den vermiedenen Risiken gegenübergestellt. Kennzahlen umfassen Kosten pro geprüftem Stoff, Substitutionskosten und eingesparte Bußgelder. Life Cycle Assessments bewerten langfristige Kostenauswirkungen von Stoffwechseln.
Risiken, Abhängigkeiten und Gegenmaßnahmen
REACH-Verstöße können zu erheblichen rechtlichen, finanziellen und operativen Risiken führen, die durch systematisches Risikomanagement minimiert werden müssen.
Rechtliche und finanzielle Risiken
Verstöße gegen REACH-Bestimmungen führen zu Bußgeldern bis zu mehreren Millionen Euro, Vertriebsverboten und Produktrückrufen. Zusätzlich drohen zivilrechtliche Haftungsansprüche bei Gesundheits- oder Umweltschäden.
- Bußgelder von bis zu 50.000 Euro pro Verstoß in Deutschland
- Produkthaftung bei unzureichender Risikokommunikation
- Reputationsschäden durch öffentliche Enforcement-Maßnahmen
Lieferkettenrisiken und Abhängigkeiten
Komplexe Lieferketten erschweren die vollständige REACH-Compliance. Fehlende oder unvollständige Informationen von Vorlieferanten können zu unbeabsichtigten Verstößen führen. ESG-Risk-Ratings helfen bei der systematischen Lieferantenbewertung.
Operative Gegenmaßnahmen
Präventive Maßnahmen umfassen regelmäßige Lieferantenaudits, automatisierte Compliance-Checks und Notfallpläne für Stoffsubstitutionen. Ein Supplier Code of Conduct definiert verbindliche REACH-Anforderungen für alle Geschäftspartner.
Praxisbeispiel
Ein Automobilzulieferer implementiert ein digitales REACH-Management-System zur Bewertung von 15.000 chemischen Komponenten. Das System analysiert automatisch Sicherheitsdatenblätter, gleicht sie mit der aktuellen SVHC-Liste ab und erstellt Compliance-Reports. Bei der Identifikation eines neuen SVHC-Stoffs in Dichtungsmaterialien wird sofort ein Substitutionsprojekt gestartet. Innerhalb von 6 Monaten erfolgt der Wechsel zu einem REACH-konformen Alternativstoff, wodurch Lieferunterbrechungen vermieden werden.
- Automatisierte Stoffbewertung reduziert Prüfzeit um 80%
- Frühwarnsystem verhindert Compliance-Verstöße
- Proaktive Substitution sichert Lieferfähigkeit
Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen
REACH entwickelt sich kontinuierlich weiter, mit neuen Stoffbewertungen, erweiterten Kandidatenlisten und verschärften Durchsetzungsmaßnahmen, die den Einkauf vor neue Herausforderungen stellen.
Erweiterung der SVHC-Kandidatenliste
Die ECHA erweitert regelmäßig die Liste besonders besorgniserregender Stoffe. Aktuelle Schwerpunkte liegen auf endokrinen Disruptoren, persistenten organischen Schadstoffen und Nanomaterialien. Einkaufsorganisationen müssen ihre Materialsubstitution kontinuierlich anpassen.
Digitalisierung und KI-gestützte Compliance
Künstliche Intelligenz revolutioniert das REACH-Management durch automatisierte Stoffidentifikation, Risikobewertung und Compliance-Monitoring. Machine Learning-Algorithmen analysieren Sicherheitsdatenblätter und identifizieren potenzielle Compliance-Lücken in Echtzeit.
Verschärfte Durchsetzung und Kontrollen
Nationale Behörden intensivieren REACH-Kontrollen mit koordinierten EU-weiten Enforcement-Projekten. Hinweisgebersysteme und verstärkte Marktüberwachung erhöhen das Entdeckungsrisiko von Verstößen erheblich.
Fazit
REACH stellt eine der umfassendsten Chemikalienregulierungen weltweit dar und erfordert von Einkaufsorganisationen systematische Compliance-Prozesse. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Verordnung und verschärfte Durchsetzung machen proaktives Management unerlässlich. Digitale Tools und KI-gestützte Lösungen bieten neue Möglichkeiten für effiziente REACH-Compliance. Unternehmen, die frühzeitig in robuste Systeme investieren, sichern sich langfristige Wettbewerbsvorteile und minimieren rechtliche Risiken.
FAQ
Was bedeutet REACH für Importeure von Chemikalien?
Importeure gelten als Hersteller und müssen alle eingeführten Stoffe ab 1 Tonne pro Jahr bei der ECHA registrieren. Sie benötigen vollständige technische Dossiers und müssen Sicherheitsdatenblätter an nachgelagerte Anwender weiterleiten. Ohne gültige Registrierung ist der Import verboten.
Wie oft wird die SVHC-Kandidatenliste aktualisiert?
Die ECHA aktualisiert die SVHC-Liste mindestens zweimal jährlich, typischerweise im Juni und Dezember. Unternehmen haben dann 6 Monate Zeit, um neue Informationspflichten zu erfüllen. Eine kontinuierliche Überwachung der Liste ist daher essentiell für die Compliance.
Welche Strafen drohen bei REACH-Verstößen?
In Deutschland können Bußgelder bis zu 50.000 Euro pro Verstoß verhängt werden. Bei vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstößen drohen zusätzlich Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr. Schwerwiegende Fälle können zu Vertriebsverboten und Produktrückrufen führen.
Wie können kleine Unternehmen REACH-Compliance sicherstellen?
Kleine Unternehmen sollten sich auf ihre Rolle in der Lieferkette konzentrieren und systematisch alle verwendeten Chemikalien erfassen. Branchenverbände bieten oft Unterstützung und Leitfäden. Die Zusammenarbeit mit spezialisierten Beratungsunternehmen kann kosteneffizient sein.



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