Einkaufslexikon
Evaluated Receipt Settlement (ERS): Automatisierte Rechnungsabwicklung im Einkauf
November 19, 2025
Evaluated Receipt Settlement (ERS) ist ein automatisierter Abrechnungsprozess, bei dem Rechnungen auf Basis des Wareneingangs ohne manuelle Rechnungsprüfung beglichen werden. Dieses Verfahren reduziert den administrativen Aufwand erheblich und beschleunigt die Zahlungsabwicklung zwischen Unternehmen und Lieferanten. Erfahren Sie im Folgenden, was ERS genau bedeutet, wie der Prozess funktioniert und welche Vorteile sowie Risiken damit verbunden sind.
Key Facts
- ERS eliminiert die traditionelle Rechnungsprüfung durch automatische Abrechnung basierend auf Wareneingangsdaten
- Voraussetzung sind präzise Stammdaten, vertrauensvolle Lieferantenbeziehungen und robuste ERP-Integration
- Typische Kosteneinsparungen von 60-80% bei der Rechnungsbearbeitung durch Wegfall manueller Prozesse
- Besonders geeignet für wiederkehrende Beschaffungen mit standardisierten Produkten und stabilen Preisen
- Erfordert klare vertragliche Vereinbarungen und definierte Toleranzgrenzen für Mengen- und Preisabweichungen
Inhalt
Was ist ein Evaluated Receipt Settlement (ERS)?
ERS stellt einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Kreditorenbuchhaltung dar, bei dem die herkömmliche Drei-Wege-Abstimmung durch einen automatisierten Zwei-Wege-Prozess ersetzt wird.
Grundprinzip und Funktionsweise
Bei ERS wird die Zahlung automatisch ausgelöst, sobald die bestellten Waren eingehen und im System erfasst werden. Das Verfahren basiert auf der Annahme, dass Bestellung, Lieferung und vereinbarter Preis übereinstimmen. Evaluated Receipt Settlement eliminiert somit die Notwendigkeit einer separaten Rechnung und der damit verbundenen manuellen Prüfprozesse.
ERS vs. traditionelle Rechnungsbearbeitung
Im Gegensatz zur klassischen Three-Way-Match-Prüfung entfällt bei ERS die Rechnungskomponente vollständig. Während traditionelle Verfahren Bestellung, Wareneingang und Rechnung abgleichen, arbeitet ERS nur mit Bestellung und Wareneingang. Dies reduziert Durchlaufzeiten von durchschnittlich 7-10 Tagen auf 1-2 Tage.
Bedeutung von ERS im modernen Einkauf
ERS unterstützt die Digitalisierung des Procure-to-Pay-Prozesses und ermöglicht eine nahtlose Integration in moderne E-Procurement-Systeme. Besonders in Verbindung mit EDI-Schnittstellen entstehen hocheffiziente, vollautomatisierte Beschaffungszyklen.
Prozessschritte und Verantwortlichkeiten
Die erfolgreiche Implementierung von ERS erfordert klar definierte Prozessschritte und eindeutige Verantwortlichkeiten zwischen allen beteiligten Parteien.
Vorbereitungsphase und Setup
Zunächst müssen präzise Kreditorenstammdaten und vertragliche Vereinbarungen etabliert werden. Dies umfasst die Definition von Toleranzgrenzen, Zahlungsbedingungen und Eskalationsprozessen. Die ERP-Integration muss vollständig konfiguriert und getestet werden.
Operativer ERS-Ablauf
Der Prozess startet mit der Bestellauslösung und der Übermittlung an den Lieferanten. Nach Wareneingang erfolgt die automatische Wareneingangsprüfung mit Mengen- und Qualitätskontrolle. Das System generiert automatisch die Zahlung basierend auf den hinterlegten Konditionen.
Monitoring und Ausnahmebehandlung
Kontinuierliche Überwachung durch definierte KPIs und automatische Benachrichtigungen bei Abweichungen gewährleisten die Prozesskontrolle. Mengenabweichungen und Preisabweichungen werden über vordefinierte Workflows behandelt.

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Wichtige KPIs für ERS
Die Erfolgsmessung von ERS erfordert spezifische Kennzahlen, die sowohl Effizienzgewinne als auch Risikoindikatoren abbilden.
Prozesseffizienz-Kennzahlen
Die Durchlaufzeit von Wareneingang bis Zahlung ist ein zentraler Indikator für ERS-Erfolg. Typische Zielwerte liegen bei 1-2 Tagen gegenüber 7-10 Tagen bei traditioneller Rechnungsbearbeitung. Die Automatisierungsrate zeigt den Anteil vollautomatisch abgewickelter Transaktionen und sollte über 90% liegen.
Kostenreduktion und ROI
Kosteneinsparungen pro Transaktion durch wegfallende manuelle Bearbeitung betragen durchschnittlich 15-25 Euro. Der Return on Investment sollte innerhalb von 12-18 Monaten erreicht werden. Die Reduzierung von Personalaufwand in der Kreditorenbuchhaltung um 60-80% ist ein weiterer wichtiger Erfolgsmesser.
Qualitäts- und Risikoindikatoren
Die Fehlerquote bei automatischen Zahlungen darf 0,5% nicht überschreiten. Abweichungsraten zwischen Bestellung und Wareneingang sollten unter 2% liegen. Die Anzahl manueller Eingriffe pro 1000 Transaktionen ist ein Indikator für Prozessstabilität und sollte kontinuierlich reduziert werden.
Risiken, Abhängigkeiten und Gegenmaßnahmen
Trotz erheblicher Vorteile birgt ERS spezifische Risiken, die durch geeignete Kontrollmechanismen und Präventionsmaßnahmen minimiert werden müssen.
Datenqualität und Systemabhängigkeiten
Fehlerhafte Stammdaten können zu falschen Zahlungen führen, da keine manuelle Rechnungsprüfung erfolgt. Systemausfälle oder Integrationsprobleme können den gesamten Beschaffungsprozess lahmlegen. Regelmäßige Datenvalidierung und redundante Systemarchitekturen sind essentiell.
Lieferantenrisiken und Compliance
ERS erfordert hohes Vertrauen in Lieferanten, da Kontrollen reduziert werden. Betrügerische Aktivitäten oder unbeabsichtigte Fehler können schwerer erkannt werden. Umfassendes Vendor Onboarding und kontinuierliche Lieferantenbewertung sind kritische Erfolgsfaktoren.
Interne Kontrollschwächen
Das Vier-Augen-Prinzip wird bei ERS teilweise aufgehoben, was interne Kontrollrisiken erhöht. Fehlende Transparenz und reduzierte Prüfmöglichkeiten können zu Compliance-Problemen führen. Kompensatorische Kontrollen durch automatisierte Überwachung und Stichprobenprüfungen sind unerlässlich.
Praxisbeispiel
Ein Automobilzulieferer implementiert ERS für die Beschaffung von Standardteilen wie Schrauben und Dichtungen. Nach erfolgreicher Pilotphase mit drei Hauptlieferanten werden monatlich 2.500 Transaktionen vollautomatisch abgewickelt. Die Durchlaufzeit reduziert sich von 8 auf 1,5 Tage, während die Bearbeitungskosten um 70% sinken. Toleranzgrenzen von ±2% für Mengen und ±1% für Preise gewährleisten Prozesssicherheit.
- Automatisierte Wareneingangsbuchung über Barcode-Scanner
- Tägliche Zahlungsläufe basierend auf Wareneingangsdaten
- Monatliche Lieferantenbewertung zur Qualitätssicherung
Trends & Entwicklungen rund um ERS
Die Weiterentwicklung von ERS wird maßgeblich durch technologische Innovationen und veränderte Marktanforderungen geprägt.
KI-gestützte Prozessoptimierung
Künstliche Intelligenz revolutioniert ERS durch predictive Analytics und automatische Anomalieerkennung. Machine Learning-Algorithmen analysieren historische Daten, um Lieferantenverhalten vorherzusagen und Risiken frühzeitig zu identifizieren. Dies ermöglicht proaktive Anpassungen der Toleranzparameter und verbessert die Prozessstabilität erheblich.
Integration in digitale Ökosysteme
Moderne Supplier Portals und Invoice Automation schaffen nahtlose Verbindungen zwischen ERS und anderen Beschaffungsprozessen. Die Kombination mit Self-Billing-Verfahren eröffnet neue Möglichkeiten für vollständig automatisierte Transaktionsabwicklung.
Blockchain und Smart Contracts
Blockchain-Technologie bietet neue Ansätze für transparente und manipulationssichere ERS-Prozesse. Smart Contracts können Zahlungsauslösungen automatisch basierend auf vordefinierten Bedingungen durchführen und dabei höchste Sicherheitsstandards gewährleisten. Diese Entwicklung verspricht weitere Effizienzsteigerungen und Kostenreduktionen.
Fazit
Evaluated Receipt Settlement revolutioniert die Rechnungsbearbeitung durch vollständige Automatisierung und erhebliche Effizienzsteigerungen. Erfolgreiche ERS-Implementierung erfordert jedoch sorgfältige Vorbereitung, vertrauensvolle Lieferantenpartnerschaften und robuste Kontrollmechanismen. Die Kombination aus Kosteneinsparungen, Prozessbeschleunigung und verbesserter Datenqualität macht ERS zu einem strategischen Wettbewerbsvorteil im modernen Einkauf.
FAQ
Was sind die Voraussetzungen für ERS?
ERS erfordert stabile Lieferantenbeziehungen, präzise Stammdaten und vollständige ERP-Integration. Vertragliche Vereinbarungen müssen Toleranzgrenzen, Zahlungsbedingungen und Haftungsregelungen definieren. Zusätzlich sind standardisierte Produkte mit geringen Preisschwankungen ideal für ERS geeignet.
Wie unterscheidet sich ERS von Self-Billing?
Bei ERS erfolgt die Zahlung automatisch nach Wareneingang ohne Rechnung, während Self-Billing bedeutet, dass der Käufer die Rechnung für den Lieferanten erstellt. ERS eliminiert Rechnungen komplett, Self-Billing verlagert die Rechnungserstellung. Beide Verfahren reduzieren administrativen Aufwand, haben aber unterschiedliche rechtliche Anforderungen.
Welche Branchen profitieren am meisten von ERS?
Fertigungsindustrie, Einzelhandel und Gesundheitswesen mit hohen Transaktionsvolumen und standardisierten Produkten profitieren besonders. Unternehmen mit wiederkehrenden Beschaffungen, stabilen Lieferantenbeziehungen und geringen Produktvariationen erzielen die höchsten Effizienzgewinne durch ERS-Implementierung.
Wie wird die Datenqualität bei ERS sichergestellt?
Regelmäßige Stammdatenvalidierung, automatisierte Plausibilitätsprüfungen und kontinuierliche Systemüberwachung gewährleisten hohe Datenqualität. Stichprobenkontrollen, Lieferantenfeedback und KPI-Monitoring identifizieren Qualitätsprobleme frühzeitig. Klare Datenverantwortlichkeiten und Schulungen unterstützen die nachhaltige Datenqualität.



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