Einkaufslexikon
Materialgruppen: Systematische Klassifizierung für strategischen Einkauf
November 19, 2025
Materialgruppen bilden das Fundament einer strukturierten Beschaffungsorganisation und ermöglichen die systematische Klassifizierung von Gütern nach definierten Kriterien. Diese Kategorisierung schafft Transparenz über das Beschaffungsportfolio und unterstützt strategische Entscheidungen im Einkauf. Erfahren Sie im Folgenden, was Materialgruppen sind, welche Methoden zur Klassifizierung existieren und wie Sie diese erfolgreich in der Praxis einsetzen.
Key Facts
- Materialgruppen strukturieren das gesamte Beschaffungsportfolio nach einheitlichen Klassifizierungskriterien
- Ermöglichen zielgerichtete Einkaufsstrategien und optimierte Lieferantenbeziehungen
- Schaffen Grundlage für Spend-Analysen und Kostentransparenz
- Unterstützen die Standardisierung von Beschaffungsprozessen
- Bilden Basis für Risikobewertung und Compliance-Management
Inhalt
Definition: Materialgruppen
Materialgruppen sind systematische Klassifizierungen von Gütern und Dienstleistungen nach definierten Kriterien wie Funktion, Beschaffungsmarkt oder strategischer Bedeutung.
Grundlegende Klassifizierungskriterien
Die Bildung von Materialgruppen erfolgt nach verschiedenen Dimensionen, die je nach Unternehmensstrategie gewichtet werden. Wesentliche Kriterien umfassen:
- Funktionale Eigenschaften und Verwendungszweck
- Beschaffungsmarktcharakteristika und Lieferantenstruktur
- Strategische Bedeutung und Versorgungsrisiko
- Kostenvolumen und Ausgabenrelevanz
Materialgruppen vs. Warengruppen
Während Warengruppen primär handelsorientiert nach Produktkategorien strukturiert sind, fokussieren sich Materialklassen auf beschaffungsrelevante Aspekte. Materialgruppen berücksichtigen zusätzlich strategische Faktoren wie Lieferantenkonzentration und Marktdynamik.
Bedeutung von Materialgruppen im Einkauf
Materialgruppen schaffen die Grundlage für eine professionelle Beschaffungsstrategie und ermöglichen differenzierte Ansätze je nach Materialcharakteristik. Sie unterstützen die Einkaufsorganisation bei der Spezialisierung und Kompetenzentwicklung.
Methoden und Vorgehensweisen
Die Entwicklung einer effektiven Materialgruppenstruktur erfordert systematische Vorgehensweisen und bewährte Klassifizierungsmethoden.
ABC-XYZ-Analyse für Materialgruppen
Die kombinierte ABC-XYZ-Analyse bewertet Materialien nach Wertbeitrag und Bedarfsstabilität. A-Materialien mit hohem Wertanteil erfordern intensive Lieferantenbeziehungen, während C-Materialien standardisierte Beschaffungsprozesse ermöglichen.
- A-Materialien: Strategische Partnerschaften und Dual Sourcing
- B-Materialien: Ausgewogene Lieferantenportfolios
- C-Materialien: Automatisierte Beschaffung und Blanket Orders
Kraljic-Portfolio-Matrix
Die Kraljic-Matrix klassifiziert Materialgruppen nach Versorgungsrisiko und Gewinnauswirkung in vier Kategorien. Diese Methode ermöglicht die Ableitung spezifischer Beschaffungsstrategien je nach Positionierung.
Spend-Cube-Analyse
Die dreidimensionale Marktanalyse betrachtet Ausgabenvolumen, Lieferantenanzahl und Materialvielfalt. Diese Methode identifiziert Konsolidierungspotenziale und optimiert die Materialgruppenstruktur basierend auf tatsächlichen Beschaffungsdaten.

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Kennzahlen zur Steuerung von Materialgruppen
Effektive Kennzahlensysteme messen die Performance von Materialgruppen und unterstützen datenbasierte Optimierungsentscheidungen.
Spend-Konzentration und Diversifikation
Der Herfindahl-Hirschman-Index misst die Lieferantenkonzentration je Materialgruppe und identifiziert Abhängigkeitsrisiken. Werte über 2.500 Punkten signalisieren hohe Konzentration und Handlungsbedarf.
- Lieferantenanzahl pro Materialgruppe
- Anteil des größten Lieferanten am Gruppenvolumen
- Geografische Verteilung der Lieferantenbasis
Kostentransparenz und Savings
Materialgruppenspezifische Einsparungen und Kostenentwicklungen zeigen die Effektivität der Beschaffungsstrategien. Cost Avoidance ergänzt realisierte Einsparungen um vermiedene Kostensteigerungen.
Prozesseffizienz-Kennzahlen
Durchlaufzeiten, Automatisierungsgrade und Fehlerquoten je Materialgruppe messen die operative Exzellenz. Diese Kennzahlen unterstützen die kontinuierliche Prozessoptimierung und Standardisierung der Beschaffungsabläufe.
Risiken, Abhängigkeiten und Gegenmaßnahmen
Ungeeignete Materialgruppenstrukturen können zu suboptimalen Beschaffungsentscheidungen und erhöhten Kosten führen.
Überklassifizierung und Komplexität
Zu granulare Materialgruppenstrukturen erschweren die praktische Anwendung und reduzieren Skaleneffekte. Eine ausgewogene Granularität zwischen Detaillierung und Handhabbarkeit ist entscheidend für den Erfolg.
Statische Klassifizierungen
Veraltete Materialgruppenstrukturen spiegeln nicht die aktuellen Marktbedingungen wider und führen zu ineffizienten Beschaffungsstrategien. Regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen sind erforderlich.
- Jährliche Strategiereviews der Materialgruppen
- Kontinuierliche Marktbeobachtung und Trendanalysen
- Flexible Anpassungsmechanismen bei Marktveränderungen
Organisatorische Silos
Unklare Verantwortlichkeiten zwischen verschiedenen Materialgruppen können zu Koordinationsproblemen führen. Eine klare Kompetenzmatrix im Einkauf definiert Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse.
Praxisbeispiel
Ein Automobilzulieferer strukturiert seine 15.000 Materialien in 12 strategische Materialgruppen. Die Gruppe "Elektronikkomponenten" umfasst Sensoren, Steuergeräte und Kabelstränge mit einem jährlichen Spend von 45 Millionen Euro. Durch die Bündelung konnte das Unternehmen die Lieferantenbasis von 180 auf 35 spezialisierte Partner reduzieren und dabei 12% Kosteneinsparungen realisieren.
- Konsolidierung von 180 auf 35 Lieferanten
- 12% Kosteneinsparungen durch Volumenbündelung
- Reduzierung der Beschaffungszykluszeit um 30%
Trends & Entwicklungen rund um Materialgruppen
Digitalisierung und Nachhaltigkeit prägen die Weiterentwicklung von Materialgruppenkonzepten und schaffen neue Klassifizierungsansätze.
KI-gestützte Materialklassifizierung
Künstliche Intelligenz automatisiert die Zuordnung neuer Materialien zu bestehenden Gruppen und identifiziert Optimierungspotenziale. KI im Einkauf ermöglicht dynamische Anpassungen der Gruppierungslogik basierend auf Marktveränderungen und Beschaffungsmustern.
Nachhaltigkeitskriterien in der Klassifizierung
Umwelt- und Sozialstandards werden zunehmend als Klassifizierungskriterien integriert. Das Lieferkettengesetz verstärkt die Notwendigkeit, Materialgruppen nach Nachhaltigkeitsrisiken zu bewerten und entsprechende Beschaffungsstrategien zu entwickeln.
Digitale Supply Chain Integration
Die digitale Supply Chain ermöglicht Echtzeit-Klassifizierungen und dynamische Materialgruppenanpassungen. Blockchain-Technologie schafft Transparenz über Materialherkunft und unterstützt risikobasierte Gruppierungen.
Fazit
Materialgruppen bilden das strategische Fundament einer professionellen Beschaffungsorganisation und ermöglichen differenzierte Einkaufsstrategien. Die systematische Klassifizierung schafft Transparenz, reduziert Komplexität und unterstützt datenbasierte Entscheidungen. Erfolgreiche Unternehmen nutzen dynamische Materialgruppenstrukturen, die sich kontinuierlich an Marktveränderungen anpassen und dabei operative Exzellenz mit strategischer Flexibilität verbinden.
FAQ
Wie viele Materialgruppen sollte ein Unternehmen haben?
Die optimale Anzahl hängt von Unternehmensgröße und Komplexität ab. Typischerweise bewegen sich mittelständische Unternehmen zwischen 8-15 Materialgruppen, während Konzerne bis zu 50 Gruppen verwalten können. Entscheidend ist die Balance zwischen Detaillierung und praktischer Handhabbarkeit.
Welche Kriterien sind für die Materialgruppierung am wichtigsten?
Strategische Bedeutung, Beschaffungsmarktcharakteristika und Kostenvolumen bilden die wichtigsten Dimensionen. Zusätzlich sollten technische Ähnlichkeiten, Lieferantenstrukturen und Risikoprofile berücksichtigt werden. Die Gewichtung variiert je nach Branche und Unternehmensstrategie.
Wie oft sollten Materialgruppen überprüft werden?
Eine jährliche Strategierevision ist empfehlenswert, ergänzt durch kontinuierliche Marktbeobachtung. Bei signifikanten Marktveränderungen oder Unternehmensentwicklungen sind Ad-hoc-Anpassungen erforderlich. Neue Materialien sollten zeitnah klassifiziert werden.
Welche Rolle spielt Digitalisierung bei Materialgruppen?
Digitale Tools automatisieren die Klassifizierung, ermöglichen Echtzeit-Analysen und unterstützen datenbasierte Entscheidungen. KI-Systeme identifizieren Optimierungspotenziale und schlagen Umgruppierungen vor. Cloud-basierte Plattformen schaffen unternehmensweite Transparenz über Materialgruppenstrukturen.





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