Einkaufslexikon
Material Requirements Planning (MRP): Definition, Prozessschritte und Anwendung im Einkauf
November 19, 2025
Material Requirements Planning (MRP) ist ein systematischer Planungsansatz zur Bedarfsermittlung und Beschaffungssteuerung in Unternehmen. Das Verfahren ermöglicht es Einkäufern, den Materialbedarf präzise zu kalkulieren und Bestellungen optimal zu terminieren. Material Requirements Planning (MRP) bildet die Grundlage für eine effiziente Beschaffungsplanung und reduziert sowohl Lagerkosten als auch Lieferengpässe. Erfahren Sie im Folgenden, was MRP genau bedeutet, welche Prozessschritte erforderlich sind und wie Sie die Methode erfolgreich implementieren.
Key Facts
- MRP berechnet Materialbedarfe basierend auf Produktionsplänen und Stücklisten
- Das System unterscheidet zwischen Brutto- und Nettobedarf unter Berücksichtigung vorhandener Lagerbestände
- Vorlaufzeiten und Sicherheitsbestände werden automatisch in die Bestellterminierung einbezogen
- MRP reduziert Kapitalbindung um durchschnittlich 15-25% bei gleichzeitiger Verbesserung der Lieferfähigkeit
- Die Methode eignet sich besonders für Unternehmen mit komplexen Produktstrukturen und planbarem Bedarf
Inhalt
Was ist Material Requirements Planning (MRP)? Definition und Nutzen
Material Requirements Planning stellt eine computergestützte Planungsmethodik dar, die den zeitlich und mengenmäßig exakten Materialbedarf für die Produktion ermittelt.
Grundprinzipien des MRP-Systems
Das MRP-Verfahren basiert auf drei wesentlichen Eingangsdaten: dem Master Production Schedule, detaillierten Stücklisten und aktuellen Lagerbeständen. Durch die Rückwärtsrechnung vom geplanten Fertigstellungstermin werden präzise Bestellzeitpunkte und -mengen ermittelt.
- Bruttobedarfsermittlung aus Produktionsprogramm
- Nettobedarfsrechnung unter Abzug verfügbarer Bestände
- Terminierung unter Berücksichtigung von Vorlaufzeiten
- Losgrößenoptimierung nach wirtschaftlichen Kriterien
MRP vs. traditionelle Bestellverfahren
Im Gegensatz zu verbrauchsorientierten Dispositionsverfahren arbeitet MRP bedarfsorientiert und ermöglicht eine vorausschauende Einkaufsplanung. Dies führt zu reduzierten Sicherheitsbeständen und optimierten Bestellzyklen.
Bedeutung von MRP im modernen Einkauf
Für Beschaffungsorganisationen bietet MRP die Möglichkeit einer systematischen Materialverfügbarkeitsprüfung und unterstützt strategische Lieferantenpartnerschaften durch planbare Abrufvolumina und verlässliche Terminzusagen.
Prozessschritte und Verantwortlichkeiten
Die erfolgreiche MRP-Implementierung erfordert strukturierte Prozessabläufe und klare Verantwortlichkeiten zwischen Einkauf, Produktion und Logistik.
Datenerfassung und Systemvorbereitung
Der erste Schritt umfasst die vollständige Erfassung aller planungsrelevanten Stammdaten. Hierzu gehören präzise Stücklisten, aktuelle Lagerbestände und verlässliche Lieferantenvorlaufzeiten. Die Parameterpflege bildet das Fundament für zuverlässige Planungsergebnisse.
Bedarfsermittlung und Terminplanung
Basierend auf dem Produktionsplan erfolgt die systematische Bedarfsauflösung über alle Stücklistenebenen. Das System berücksichtigt dabei automatisch Planungszeitfenster und erstellt terminierte Beschaffungsvorschläge.
- Bruttobedarfsauflösung nach Stücklisten
- Verfügbarkeitsprüfung gegen Lagerbestände
- Rückwärtsterminierung mit Vorlaufzeiten
Umsetzung und Überwachung
Die generierten Bestellvorschläge werden durch den Einkauf geprüft und in konkrete Bestellungen umgesetzt. Ein kontinuierliches Exception Management identifiziert Planabweichungen und ermöglicht rechtzeitige Korrekturmaßnahmen.

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Wichtige KPIs für Material Requirements Planning (MRP)
Die Erfolgsmessung von MRP-Systemen erfordert spezifische Kennzahlen, die sowohl Effizienz als auch Effektivität der Materialplanung bewerten.
Planungsgenauigkeit und Termintreue
Die Planungsgenauigkeit misst die Abweichung zwischen prognostiziertem und tatsächlichem Materialbedarf. Typische Zielwerte liegen bei 85-95% Genauigkeit auf Wochenbasis. Die Lieferterminzusagen-Quote bewertet die Zuverlässigkeit der MRP-generierten Bestelltermine.
Bestandsoptimierung und Kapitalbindung
Der Lagerumschlag und die durchschnittliche Lagerdauer zeigen die Effizienz der Bestandsführung. Erfolgreiche MRP-Implementierungen erreichen eine Reduzierung der Kapitalbindung um 15-30% bei gleichzeitiger Verbesserung der Verfügbarkeit auf über 98%.
- Inventory Turnover Ratio (Lagerumschlagshäufigkeit)
- Days Sales Outstanding in Inventory (Reichweite)
- Stockout-Rate (Fehlmengenquote)
Systemperformance und Planungsstabilität
Die MRP-Laufzeit und Planungsfrequenz beeinflussen die Reaktionsfähigkeit des Systems. Moderne Systeme sollten tägliche Planungsläufe in unter 30 Minuten abschließen. Die Auftragspriorisierung und Exception-Handling-Rate messen die Qualität der Planungsergebnisse.
Risiken, Abhängigkeiten und Gegenmaßnahmen
Trotz seiner Vorteile birgt MRP spezifische Risiken, die durch geeignete Maßnahmen minimiert werden können.
Datenqualität und Systemabhängigkeit
Ungenaue Stammdaten führen zu fehlerhaften Planungsergebnissen und können kostspielige Fehlentscheidungen verursachen. Besonders kritisch sind veraltete Stücklisten, falsche Vorlaufzeiten und unzureichende Bestandsführung. Eine regelmäßige Terminabweichungsanalyse hilft bei der Identifikation systematischer Planungsfehler.
Planungsstarrheit bei Marktvolatilität
MRP-Systeme reagieren träge auf kurzfristige Marktveränderungen und können bei hoher Nachfrageschwankung an ihre Grenzen stoßen. Die Integration von Freeze Fence-Konzepten und flexiblen Planungszyklen reduziert diese Problematik.
- Implementierung rollierender Planungszyklen
- Definition von Planungsstabilitätszonen
- Aufbau von Sicherheitskapazitäten
Komplexität bei Multi-Level-Stücklisten
Tiefe Produktstrukturen können zu Planungsinstabilität und dem sogenannten "Nervosity-Effekt" führen. Kleine Änderungen in der Endproduktplanung verstärken sich über die Stücklistenebenen und erzeugen unnötige Bestellschwankungen. Sicherheitskapazitäten und Pufferzeiten wirken stabilisierend.
Praxisbeispiel
Ein Automobilzulieferer implementiert MRP für die Beschaffung von 2.500 Komponenten. Das System analysiert die Produktionspläne für drei Fahrzeugmodelle und erstellt automatisch Bestellvorschläge für 450 aktive Lieferanten. Durch die Integration von Available-to-Promise-Funktionen können Kundenanfragen binnen Minuten mit konkreten Lieferterminen beantwortet werden. Die Implementierung führte zu 22% reduzierten Lagerbeständen und 95% Termintreue bei gleichzeitig verbesserter Planungstransparenz.
- Automatisierte Bedarfsermittlung für komplexe Stücklistenstrukturen
- Integration mit Lieferanten-EDI für direkte Bestellübertragung
- Kontinuierliche Planungsoptimierung durch KI-gestützte Parameteranpassung
Trends & Entwicklungen rund um Material Requirements Planning (MRP)
Moderne MRP-Systeme entwickeln sich kontinuierlich weiter und integrieren zunehmend intelligente Technologien zur Verbesserung der Planungsgenauigkeit.
KI-gestützte Bedarfsprognosen
Künstliche Intelligenz revolutioniert die traditionelle MRP-Logik durch selbstlernende Algorithmen. Diese analysieren historische Verbrauchsmuster und externe Einflussfaktoren, um präzisere Bedarfsprognosen zu erstellen. Demand Sensing ermöglicht eine dynamische Anpassung der Planungsparameter in Echtzeit.
Integration von Advanced Planning Systems
Moderne Planungssysteme erweitern klassisches MRP um Capacity Planning und Sales and Operations Planning. Diese ganzheitliche Betrachtung optimiert nicht nur Materialflüsse, sondern berücksichtigt auch Kapazitätsengpässe und Marktdynamiken.
Cloud-basierte MRP-Lösungen
Die Verlagerung in die Cloud ermöglicht flexiblere Systemarchitekturen und verbesserte Kollaboration mit Lieferanten. Real-time Lieferterminverfolgung und automatisierte Eskalationsprozesse erhöhen die Planungstransparenz erheblich.
Fazit
Material Requirements Planning bildet das Rückgrat moderner Beschaffungsorganisationen und ermöglicht eine präzise, kostenoptimierte Materialplanung. Die systematische Bedarfsermittlung reduziert Lagerkosten erheblich und verbessert gleichzeitig die Lieferfähigkeit. Erfolgreiche MRP-Implementierungen erfordern jedoch hochwertige Stammdaten, qualifizierte Mitarbeiter und kontinuierliche Systemoptimierung. Unternehmen, die diese Voraussetzungen erfüllen, profitieren von nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen durch optimierte Beschaffungsprozesse und erhöhte Planungstransparenz.
FAQ
Was unterscheidet MRP von MRP II?
MRP fokussiert ausschließlich auf Materialplanung, während MRP II (Manufacturing Resource Planning) zusätzlich Kapazitäten, Finanzen und weitere Ressourcen einbezieht. MRP II stellt eine Weiterentwicklung dar, die ganzheitliche Unternehmensplanung ermöglicht und heute oft in ERP-Systemen integriert ist.
Wie häufig sollten MRP-Läufe durchgeführt werden?
Die optimale Planungsfrequenz hängt von der Produktkomplexität und Marktdynamik ab. Standardunternehmen führen wöchentliche Vollläufe mit täglichen Aktualisierungen durch. Bei volatilen Märkten oder kurzen Produktlebenszyklen können tägliche Vollläufe erforderlich sein, um angemessene Reaktionszeiten zu gewährleisten.
Welche Voraussetzungen sind für erfolgreiches MRP notwendig?
Kritische Erfolgsfaktoren umfassen präzise Stücklisten (mindestens 95% Genauigkeit), verlässliche Vorlaufzeitdaten und disziplinierte Bestandsführung. Zusätzlich erfordert MRP stabile Produktionspläne und qualifizierte Mitarbeiter für Systembetreuung und Ausnahmebehandlung. Ohne diese Grundlagen führt MRP zu suboptimalen Ergebnissen.
Wie wird die MRP-Performance gemessen und optimiert?
Zentrale Leistungsindikatoren sind Planungsgenauigkeit, Bestandsumschlag und Liefertermintreue. Regelmäßige Systemaudits identifizieren Verbesserungspotentiale in Stammdatenqualität und Planungsparametern. Kontinuierliche Schulungen und Prozessoptimierungen sichern nachhaltige MRP-Erfolge und steigern die Akzeptanz bei Anwendern.



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