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Einkaufslexikon

Incoterms FOB: Definition, Pflichten und Risikoübergang im Seehandel

November 19, 2025

Incoterms FOB (Free on Board) ist eine der wichtigsten Lieferklauseln im internationalen Seehandel und definiert präzise die Kosten- und Risikoverteilung zwischen Verkäufer und Käufer. Diese Regelung bestimmt, wann die Verantwortung für die Ware vom Lieferanten auf den Einkäufer übergeht und welche Transportkosten von welcher Partei zu tragen sind. Erfahren Sie im Folgenden, was Incoterms FOB genau bedeutet, welche Pflichten sich daraus ergeben und wie Sie diese Klausel strategisch in der Beschaffung einsetzen.

Key Facts

  • FOB gilt ausschließlich für See- und Binnenschifffahrt, nicht für andere Transportarten
  • Risikoübergang erfolgt beim Überschreiten der Reling des Schiffes im Verschiffungshafen
  • Verkäufer trägt alle Kosten bis zur Verladung an Bord, Käufer übernimmt Seefracht und Versicherung
  • Exportformalitäten werden vom Verkäufer, Importformalitäten vom Käufer abgewickelt
  • Häufig gewählte Klausel bei Rohstoff- und Massengutkäufen aus Übersee

Inhalt

Was ist Incoterms FOB? Definition, Pflichten und Risikoübergang

FOB steht für "Free on Board" und gehört zu den F-Klauseln der Incoterms, bei denen der Verkäufer die Hauptbeförderung nicht bezahlt.

Grundlegende Definition und Anwendungsbereich

FOB kann ausschließlich bei See- und Binnenschiffstransporten verwendet werden. Der Verkäufer erfüllt seine Lieferpflicht, sobald die Ware die Reling des Schiffes im benannten Verschiffungshafen überschreitet. Ab diesem Moment gehen alle Risiken auf den Käufer über, auch wenn die Ware noch nicht vollständig verladen ist.

FOB vs. andere Incoterms-Klauseln

Im Gegensatz zu FCA ist FOB auf Seetransporte beschränkt. Während bei CFR der Verkäufer die Seefracht trägt, übernimmt bei FOB der Käufer alle Transportkosten ab Verschiffungshafen. Die Klausel unterscheidet sich von EXW durch die Übernahme der Exportformalitäten durch den Verkäufer.

Bedeutung von FOB im Einkauf

FOB ermöglicht Einkäufern die direkte Kontrolle über Seefracht, Versicherung und Importabwicklung. Dies bietet Kostentransparenz und die Möglichkeit, eigene Logistikpartner zu nutzen. Besonders bei regelmäßigen Importen aus festen Lieferländern können Skaleneffekte bei Frachtkosten realisiert werden.

Umsetzung, Pflichten und Nachweise

Die ordnungsgemäße Anwendung von FOB erfordert klare Absprachen und die Einhaltung spezifischer Pflichten beider Vertragsparteien.

Pflichten des Verkäufers

Der Verkäufer muss die Ware vertragsgemäß liefern und alle Kosten bis zur Verladung an Bord tragen. Dazu gehören Verpackung, Kennzeichnung, Vorlaufkosten zum Hafen und Verladekosten. Die Exportabwicklung einschließlich Ausfuhrgenehmigungen liegt in seiner Verantwortung.

  • Bereitstellung aller erforderlichen Exportdokumente
  • Übernahme der Hafengebühren bis zur Verladung
  • Benachrichtigung des Käufers über Verschiffungsdetails

Pflichten des Käufers

Der Käufer trägt alle Kosten ab Risikoübergang, insbesondere Seefracht, Transportversicherung und Importformalitäten. Er muss rechtzeitig ein Schiff benennen oder Laderaum buchen und den Verkäufer über Verschiffungsdetails informieren.

Dokumentation und Nachweise

Zentrale Dokumente sind das Konnossement als Eigentumsnachweis und die Handelsrechnung. Für die Verzollung benötigt der Käufer zusätzlich Ursprungszeugnisse und gegebenenfalls weitere Importdokumente je nach Warenart.

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Compliance-Kennzahlen und Quoten

Die Erfolgsmessung bei FOB-Geschäften erfordert spezifische Kennzahlen zur Überwachung von Kosten, Terminen und Compliance.

Kosteneffizienz-Kennzahlen

Die Gesamttransportkosten pro Einheit (Total Landed Cost) messen die Effizienz der FOB-Beschaffung. Frachtkosten-Volatilität und Budgetabweichungen zeigen die Planungsqualität auf. Vergleiche zwischen FOB und anderen Incoterms-Klauseln wie CIF bewerten die optimale Klauselwahl.

Lieferperformance und Termintreue

On-Time-Shipping-Rate misst die pünktliche Verschiffung durch den Lieferanten. Die Durchlaufzeit von Verschiffung bis Warenankunft bewertet die Transporteffizienz. Lieferperformance-Indikatoren berücksichtigen auch Dokumentenvollständigkeit und Qualität der Exportabwicklung.

  • Verschiffungspünktlichkeit: > 95%
  • Dokumentenfehlerquote: < 2%
  • Durchschnittliche Transitzeit-Abweichung: ± 3 Tage

Compliance und Risikokennzahlen

Die Zollabfertigungszeit und Beanstandungsquote bei der Verzollung zeigen die Qualität der Importabwicklung. Versicherungsschadenquote und Reklamationsrate bewerten das Risikomanagement bei FOB-Transporten.

Risiken, Abhängigkeiten und Gegenmaßnahmen

FOB-Geschäfte bergen spezifische Risiken, die durch geeignete Maßnahmen minimiert werden können.

Transportrisiken und Versicherungsschutz

Der frühe Risikoübergang beim Überschreiten der Schiffsreling bedeutet, dass der Käufer bereits während der Verladung das Risiko trägt. Unzureichende Transportversicherung kann zu erheblichen Verlusten führen. Eine Cargo-Versicherung mit erweiterter Deckung ist daher unerlässlich.

Kostenkontrolle und Budgetrisiken

Schwankende Seefrachtraten und zusätzliche Gebühren wie Demurrage können die Kalkulation sprengen. Währungsrisiken bei internationalen Frachtzahlungen verstärken die Unsicherheit.

  • Langfristige Frachtverträge zur Kostenstabilisierung
  • Währungsabsicherung für Transportkosten
  • Pufferbudgets für unvorhergesehene Hafengebühren

Compliance und Zollrisiken

Fehlerhafte Verzollung oder unvollständige Importdokumente können zu Verzögerungen und Strafzahlungen führen. Die Verantwortung für Zolltarifierung und Präferenznachweis liegt vollständig beim Käufer, was entsprechende Expertise erfordert.

Incoterms FOB: Definition, Pflichten und Risikoübergang

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Praxisbeispiel

Ein deutscher Automobilzulieferer bezieht Stahlbleche FOB Shanghai von einem chinesischen Produzenten. Der Lieferant übernimmt Transport zum Hafen, Exportformalitäten und Verladung. Der Einkäufer organisiert eigene Seefracht über einen bevorzugten Carrier, schließt eine All-Risk-Transportversicherung ab und wickelt die Verzollung in Hamburg über einen erfahrenen Zollagenten ab. Durch gebündelte Verschiffungen mit anderen Materialien reduziert er die Frachtkosten um 15% gegenüber CIF-Angeboten.

  • Kosteneinsparung durch eigene Frachtorganisation
  • Bessere Kontrolle über Liefertermine und Transportqualität
  • Aufbau von Logistik-Expertise für strategische Beschaffung

Aktuelle Entwicklungen und Auslegung zu Incoterms FOB

Die Anwendung von FOB unterliegt kontinuierlichen Veränderungen durch technologische Entwicklungen und neue Handelsstrukturen.

Digitalisierung der Dokumentenabwicklung

Elektronische Konnossemente und digitale Handelsplattformen beschleunigen die FOB-Abwicklung erheblich. KI-gestützte Systeme automatisieren die Dokumentenprüfung und reduzieren Fehlerquellen bei der Exportabwicklung. Blockchain-Technologie ermöglicht transparente Nachverfolgung der Eigentumsübertragung.

Nachhaltigkeit und Compliance-Anforderungen

Verschärfte Umweltauflagen beeinflussen die FOB-Anwendung, da Käufer verstärkt nachhaltige Transportoptionen wählen müssen. Neue Dual-Use-Regelungen und Sanktionsbestimmungen erfordern erweiterte Compliance-Prüfungen bereits bei der Verschiffung.

Auswirkungen globaler Lieferketten-Disruption

Häufige Hafenstaus und Kapazitätsengpässe führen zu flexibleren FOB-Vereinbarungen mit alternativen Verschiffungshäfen. Einkäufer entwickeln Backup-Strategien und nutzen verstärkt Slot-Booking-Systeme für planbare Verschiffungen. Die Integration von KI in Frachtprognosen optimiert die Kostenplanung bei FOB-Geschäften.

Fazit

Incoterms FOB bietet Einkäufern bei Seetransporten erhebliche Vorteile durch Kostenkontrolle und Flexibilität in der Logistikgestaltung. Der frühe Risikoübergang erfordert jedoch professionelles Risikomanagement und fundierte Kenntnisse der Importabwicklung. Bei strategischer Anwendung ermöglicht FOB signifikante Kosteneinsparungen und bessere Lieferkettenkontrolle. Die Digitalisierung der Dokumentenabwicklung und KI-gestützte Frachtoptimierung werden die Effizienz von FOB-Geschäften weiter steigern.

FAQ

Wann ist FOB die richtige Wahl gegenüber anderen Incoterms?

FOB eignet sich bei regelmäßigen Seetransporten, wenn der Käufer eigene Logistikkapazitäten hat oder bessere Frachtraten erzielen kann. Besonders vorteilhaft bei Massengütern und wenn Kontrolle über Transportzeiten wichtig ist. Bei kleinen Sendungen oder fehlender Logistik-Expertise sind CIF oder DDP oft günstiger.

Welche Versicherung ist bei FOB erforderlich?

Der Käufer muss eine Transportversicherung ab Risikoübergang abschließen. Empfohlen wird eine All-Risk-Deckung mit mindestens 110% des Warenwerts. Die Versicherung sollte bereits ab Verladung greifen, da das Risiko beim Überschreiten der Schiffsreling übergeht, nicht erst bei vollständiger Verladung.

Wie wird der Risikoübergang bei FOB genau definiert?

Das Risiko geht über, sobald die Ware die Reling des Schiffes im benannten Verschiffungshafen überschreitet. Dies gilt auch bei modernen Containerschiffen ohne klassische Reling - hier ist der Moment der Übergabe an die Schiffsbesatzung maßgeblich. Der Zeitpunkt muss nicht mit der vollständigen Verladung zusammenfallen.

Welche Kosten trägt der Käufer zusätzlich zur Seefracht?

Neben der Seefracht fallen Hafengebühren im Bestimmungshafen, Entladekosten, Zollabfertigung, Importsteuern und lokale Transportkosten an. Auch Demurrage-Gebühren bei Verzögerungen und eventuelle Lagerkosten im Hafen gehen zu Lasten des Käufers. Eine detaillierte Kostenkalkulation ist daher essentiell.

Incoterms FOB: Definition, Pflichten und Risikoübergang

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