Einkaufslexikon
Lieferzeitstreuung: Messung und Management von Lieferzeitabweichungen
November 19, 2025
Lieferzeitstreuung beschreibt die Abweichung tatsächlicher Lieferzeiten von geplanten oder vereinbarten Terminen und stellt eine zentrale Kennzahl für die Bewertung der Lieferantenperformance dar. Diese Schwankungen beeinflussen maßgeblich die Planungssicherheit und Effizienz der gesamten Supply Chain. Erfahren Sie im Folgenden, wie Lieferzeitstreuung gemessen wird, welche Methoden zur Reduzierung existieren und wie Sie diese Kennzahl strategisch nutzen können.
Key Facts
- Lieferzeitstreuung misst die Variabilität zwischen geplanten und tatsächlichen Lieferzeiten
- Hohe Streuung führt zu erhöhten Sicherheitsbeständen und Planungsaufwand
- Standardabweichung und Variationskoeffizient sind gängige Messgrößen
- Systematische Analyse ermöglicht gezielte Lieferantenentwicklung
- Reduzierte Streuung verbessert Servicegrad und senkt Gesamtkosten
Inhalt
Definition: Lieferzeitstreuung
Lieferzeitstreuung quantifiziert die Abweichungen zwischen vereinbarten und tatsächlich realisierten Lieferzeiten eines Lieferanten oder einer Warengruppe.
Kernaspekte der Lieferzeitstreuung
Die Messung erfolgt typischerweise über statistische Kennzahlen wie Standardabweichung oder Variationskoeffizient. Dabei werden sowohl positive als auch negative Abweichungen erfasst:
- Verspätete Lieferungen (positive Abweichung)
- Verfrühte Lieferungen (negative Abweichung)
- Pünktliche Lieferungen (keine Abweichung)
Lieferzeitstreuung vs. Lieferservicegrad
Während der Lieferservicegrad den Anteil pünktlicher Lieferungen misst, fokussiert die Lieferzeitstreuung auf das Ausmaß der Abweichungen. Eine niedrige Streuung bei gleichzeitig hohem Servicegrad kennzeichnet zuverlässige Lieferanten.
Bedeutung der Lieferzeitstreuung im Einkauf
Hohe Lieferzeitstreuung erfordert erhöhte Sicherheitsbestände und komplexere Dispositionsverfahren. Die systematische Erfassung unterstützt die Lieferantenbewertung und ermöglicht datenbasierte Verhandlungen über Lieferkonditionen.
Methoden und Vorgehensweisen
Die Analyse und Reduzierung von Lieferzeitstreuung erfordert systematische Messverfahren und gezielte Maßnahmen zur Lieferantenentwicklung.
Statistische Messmethoden
Die Quantifizierung erfolgt über bewährte statistische Kennzahlen. Die Standardabweichung der Lieferzeiten bildet die Grundlage für weitere Analysen:
- Berechnung der durchschnittlichen Abweichung
- Ermittlung des Variationskoeffizienten
- Analyse der Verteilungsform (normal, schief, bimodal)
Ursachenanalyse und Kategorisierung
Systematische Ursachenforschung identifiziert Streuungstreiber. Häufige Faktoren umfassen Produktionsengpässe, Transportprobleme oder unzureichende Kapazitätsplanung beim Lieferanten. Die ABC-XYZ-Analyse unterstützt die Priorisierung kritischer Artikel.
Lieferantenentwicklung und Monitoring
Regelmäßige Performance-Reviews mit Fokus auf Lieferzeitstreuung schaffen Transparenz. Vereinbarung von Service Level Agreements (SLA) mit definierten Toleranzbereichen und Eskalationsmechanismen bei Überschreitung festgelegter Grenzwerte.

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Kennzahlen zur Steuerung von Lieferzeitstreuung
Systematische Messung und Bewertung von Lieferzeitstreuung erfordert aussagekräftige Kennzahlen, die operative Entscheidungen unterstützen und Verbesserungspotenziale aufzeigen.
Statistische Grundkennzahlen
Die Standardabweichung der Lieferzeiten bildet die Basis für weitere Analysen. Der Variationskoeffizient (Standardabweichung/Mittelwert) ermöglicht Vergleiche zwischen verschiedenen Lieferanten oder Warengruppen:
- Standardabweichung der Lieferzeiten (in Tagen)
- Variationskoeffizient (dimensionslos)
- 95%-Perzentil der Lieferzeitabweichungen
Performance-Indikatoren
Der Anteil pünktlicher Lieferungen innerhalb definierter Toleranzbereiche ergänzt die Streuungsmessung. Diese Kennzahl korreliert direkt mit dem Lieferservicegrad und unterstützt die Lieferantenbewertung.
Kostenorientierte Kennzahlen
Die durch Lieferzeitstreuung verursachten Zusatzkosten umfassen erhöhte Bestände, Eilfrachten und Opportunitätskosten. Die Quantifizierung dieser Effekte in Euro pro Lieferant oder Warengruppe schafft Transparenz für Investitionsentscheidungen in die Bestandsoptimierung.
Risikofaktoren und Kontrollen bei Lieferzeitstreuung
Hohe Lieferzeitstreuung birgt operative und finanzielle Risiken, die durch systematische Kontrollen und präventive Maßnahmen minimiert werden können.
Operative Auswirkungen
Unvorhersagbare Lieferzeiten führen zu Produktionsstillständen oder Eilbestellungen mit erhöhten Kosten. Die Notwendigkeit höherer Sicherheitsbestände bindet Kapital und erhöht Lagerhaltungskosten:
- Erhöhte Kapitalbindung durch Pufferbestände
- Komplexere Dispositionsplanung
- Risiko von Fehlmengen oder Überbeständen
Lieferantenkonzentration und Abhängigkeiten
Single-Source-Strategien verstärken die Auswirkungen hoher Lieferzeitstreuung. Diversifizierung des Lieferantenstamms und Implementierung von Konsignationslagern reduzieren diese Abhängigkeiten.
Kontrollmechanismen und Früherkennung
Regelmäßiges Monitoring durch Lagerkennzahlen und Trendanalysen ermöglicht frühzeitige Intervention. Eskalationsprozesse bei kritischen Abweichungen und alternative Beschaffungsszenarien sichern die Versorgungskontinuität.
Praxisbeispiel
Ein Automobilzulieferer analysiert die Lieferzeitstreuung seiner 50 wichtigsten Lieferanten über 12 Monate. Lieferant A zeigt eine durchschnittliche Lieferzeit von 14 Tagen mit einer Standardabweichung von 6 Tagen (Variationskoeffizient: 43%), während Lieferant B bei gleicher durchschnittlicher Lieferzeit nur 2 Tage Standardabweichung aufweist (Variationskoeffizient: 14%). Aufgrund der hohen Streuung bei Lieferant A werden 30% höhere Sicherheitsbestände benötigt, was zu jährlichen Mehrkosten von 150.000 Euro führt.
- Systematische Datenerfassung über ERP-System
- Monatliche Performance-Reviews mit kritischen Lieferanten
- Implementierung von Frühwarnsystemen bei Abweichungen >20%
Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen
Digitalisierung und künstliche Intelligenz revolutionieren das Management von Lieferzeitstreuung durch präzisere Vorhersagen und automatisierte Steuerungsmechanismen.
KI-basierte Prognoseverfahren
Machine Learning-Algorithmen analysieren historische Lieferdaten und externe Faktoren zur Vorhersage von Lieferzeitabweichungen. Diese Systeme berücksichtigen Wettereinflüsse, Verkehrssituationen und Lieferantenkapazitäten für präzisere Verbrauchsprognosen und Dispositionsentscheidungen.
Real-Time Tracking und Transparenz
IoT-Sensoren und GPS-Tracking ermöglichen Echtzeitüberwachung von Lieferungen. Frühwarnsysteme identifizieren potenzielle Verzögerungen und lösen automatische Benachrichtigungen aus. Diese Transparenz reduziert Unsicherheiten in der Materialdisposition.
Collaborative Planning mit Lieferanten
Integrierte Planungsplattformen verbinden Einkäufer und Lieferanten in Echtzeit. Gemeinsame Visibility über Kapazitäten, Auftragsbestände und Produktionspläne reduziert Informationsasymmetrien und verbessert die Lieferzuverlässigkeit nachhaltig.
Fazit
Lieferzeitstreuung ist eine kritische Kennzahl für die Bewertung der Lieferantenperformance und die Optimierung der Supply Chain-Effizienz. Systematische Messung und Analyse ermöglichen datenbasierte Entscheidungen zur Lieferantenauswahl und -entwicklung. Die Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten für präzisere Vorhersagen und proaktives Management von Lieferzeitabweichungen. Unternehmen, die Lieferzeitstreuung strategisch nutzen, erzielen nachhaltige Wettbewerbsvorteile durch reduzierte Bestände und verbesserte Planungssicherheit.
FAQ
Was ist der Unterschied zwischen Lieferzeitstreuung und Lieferservicegrad?
Lieferzeitstreuung misst die Variabilität der Lieferzeiten durch statistische Kennzahlen wie Standardabweichung, während der Lieferservicegrad den prozentualen Anteil pünktlicher Lieferungen angibt. Beide Kennzahlen ergänzen sich bei der Lieferantenbewertung und ermöglichen eine umfassende Performance-Analyse.
Wie berechnet man die Lieferzeitstreuung?
Die Standardabweichung der Lieferzeiten wird aus den Abweichungen zwischen geplanten und tatsächlichen Lieferterminen berechnet. Der Variationskoeffizient (Standardabweichung geteilt durch Mittelwert) ermöglicht Vergleiche zwischen Lieferanten mit unterschiedlichen durchschnittlichen Lieferzeiten.
Welche Auswirkungen hat hohe Lieferzeitstreuung auf die Bestandsplanung?
Hohe Streuung erfordert erhöhte Sicherheitsbestände zur Absicherung gegen Lieferverzögerungen. Dies führt zu höherer Kapitalbindung, steigenden Lagerhaltungskosten und komplexerer Dispositionsplanung. Gleichzeitig steigt das Risiko von Fehlmengen bei unerwarteten Verzögerungen.
Wie kann die Lieferzeitstreuung reduziert werden?
Systematische Lieferantenentwicklung, regelmäßige Performance-Reviews und die Implementierung von Service Level Agreements mit definierten Toleranzbereichen sind bewährte Maßnahmen. Zusätzlich unterstützen digitale Tracking-Systeme und gemeinsame Planungsplattformen die Verbesserung der Lieferzuverlässigkeit.



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