Einkaufslexikon
Kraljic-Matrix: Strategisches Portfolio-Management im Einkauf
November 19, 2025
Die Kraljic-Matrix ist ein bewährtes Instrument zur strategischen Kategorisierung von Beschaffungsobjekten nach Versorgungsrisiko und Gewinnauswirkung. Sie ermöglicht Einkaufsorganisationen eine differenzierte Herangehensweise an verschiedene Warengruppen und optimiert dadurch Ressourceneinsatz und Beschaffungsstrategien. Erfahren Sie im Folgenden, wie die Matrix funktioniert, welche Methoden zur Anwendung kommen und wie Sie damit Ihre Beschaffungsstrategie systematisch ausrichten.
Key Facts
- Entwickelt 1983 von Peter Kraljic für strategisches Beschaffungsmanagement
- Klassifiziert Beschaffungsobjekte in vier Quadranten: Routine-, Engpass-, Hebel- und strategische Artikel
- Basiert auf zwei Dimensionen: Versorgungsrisiko und Gewinnauswirkung
- Ermöglicht differenzierte Beschaffungsstrategien je nach Artikelkategorie
- Standardwerkzeug in modernen Einkaufsorganisationen weltweit
Inhalt
Definition: Kraljic-Matrix
Die Kraljic-Matrix strukturiert das Beschaffungsportfolio systematisch und schafft die Grundlage für strategische Entscheidungen im Einkauf.
Grundprinzip und Aufbau
Die Matrix ordnet Beschaffungsobjekte anhand zweier Achsen ein: der Gewinnauswirkung (Profit Impact) auf der Y-Achse und dem Versorgungsrisiko (Supply Risk) auf der X-Achse. Diese Einordnung erfolgt durch:
- Bewertung des Einkaufsvolumens und der Kostenrelevanz
- Analyse der Lieferantenverfügbarkeit und Marktkonzentration
- Einschätzung der Substitutionsmöglichkeiten
- Beurteilung der strategischen Bedeutung für das Unternehmen
Die vier Kategorien im Detail
Jeder Quadrant erfordert spezifische Beschaffungsansätze: Routine-Artikel (niedrig/niedrig) werden effizient abgewickelt, Engpass-Artikel (niedrig/hoch) erfordern Versorgungssicherung, Hebel-Artikel (hoch/niedrig) bieten Kostensenkungspotenzial und strategische Artikel (hoch/hoch) benötigen intensive Lieferantenlandschaftsanalyse.
Bedeutung der Kraljic-Matrix im Einkauf
Als Fundament des strategischen Beschaffungsmanagements ermöglicht die Matrix eine systematische Portfolioanalyse im Einkauf und unterstützt die Entwicklung zielgerichteter Sourcing-Strategien.
Methoden und Vorgehensweisen
Die erfolgreiche Implementierung der Kraljic-Matrix erfordert strukturierte Analysemethoden und klare Bewertungskriterien für beide Dimensionen.
Datensammlung und Bewertung
Die Positionierung beginnt mit der systematischen Erfassung relevanter Kennzahlen. Für die Gewinnauswirkung werden Einkaufsvolumen, Anteil an Gesamtkosten und Einfluss auf Produktqualität analysiert. Das Versorgungsrisiko wird durch Lieferantenanzahl, geografische Verteilung und Marktdynamik bestimmt.
Scoring-Modelle und Gewichtung
Professionelle Anwendung nutzt gewichtete Scoring-Modelle mit definierten Kriterien. Die Werttreiberanalyse der Warengruppe unterstützt dabei die objektive Bewertung. Typische Gewichtungsfaktoren umfassen:
- Einkaufsvolumen und Kostenanteil (40-50%)
- Lieferantenkonzentration und Verfügbarkeit (30-40%)
- Technologische Komplexität und Substitutionsmöglichkeiten (10-20%)
Strategieableitung je Quadrant
Aus der Positionierung ergeben sich spezifische Handlungsempfehlungen. Die Sourcing-Levers werden entsprechend der Kategorie priorisiert und in einer Maßnahmenpipeline strukturiert umgesetzt.

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Kennzahlen zur Steuerung der Kraljic-Matrix
Effektive Kennzahlen messen sowohl die Qualität der Portfolio-Analyse als auch den Erfolg der abgeleiteten Beschaffungsstrategien.
Portfolio-Qualitätskennzahlen
Die Bewertungsgenauigkeit wird durch Kennzahlen wie Klassifizierungsstabilität und Bewerterkonsistenz gemessen. Der Anteil korrekt positionierter Artikel nach Marktveränderungen zeigt die Prognosegüte der Matrix. Zusätzlich misst die Aktualisierungsfrequenz die Dynamik des Portfolio-Managements.
Strategieumsetzungs-Metriken
Quadrantenspezifische KPIs bewerten den Strategieerfolg: Kosteneinsparungen bei Hebel-Artikeln, Versorgungssicherheit bei Engpass-Artikeln und Effizienzsteigerungen bei Routine-Artikeln. Die Should-Cost-Library unterstützt dabei die Zielsetzung und Erfolgsmessung.
Risiko- und Compliance-Indikatoren
Lieferantenkonzentration, geografische Diversifikation und Ausfallwahrscheinlichkeiten messen das Versorgungsrisiko quantitativ. Das Marktmodell liefert dabei die Grundlage für risikoadjustierte Kennzahlen und frühzeitige Warnsignale bei kritischen Entwicklungen.
Risiken, Abhängigkeiten und Gegenmaßnahmen
Die Anwendung der Kraljic-Matrix birgt spezifische Risiken, die durch geeignete Maßnahmen minimiert werden können.
Statische Betrachtung und Marktdynamik
Ein häufiger Fehler ist die zu seltene Aktualisierung der Matrix-Positionierung. Märkte verändern sich schnell, neue Lieferanten entstehen und Technologien entwickeln sich weiter. Ohne regelmäßige Reviews können Unternehmen veraltete Strategien verfolgen und Chancen verpassen.
Subjektive Bewertungsfehler
Die Einschätzung von Risiko und Gewinnauswirkung unterliegt oft kognitiven Verzerrungen. Unklare Bewertungskriterien führen zu inkonsistenten Ergebnissen zwischen verschiedenen Bewertern. Eine standardisierte Warengruppenstrategie mit definierten Metriken reduziert diese Subjektivität.
Überkomplexit und Ressourcenverschwendung
Manche Organisationen wenden die Matrix zu detailliert auf jede Artikelgruppe an, was zu Analyse-Paralyse führt. Die Komplexitätsreduktion durch Fokussierung auf wesentliche Kategorien und die Integration in das Warengruppenmanagement schaffen hier Abhilfe.
Praxisbeispiel
Ein Automobilhersteller klassifiziert seine Beschaffungsobjekte neu: Standardschrauben (geringes Risiko, niedrige Kosten) werden als Routine-Artikel über E-Procurement automatisiert beschafft. Spezielle Sensoren (hohes Risiko, niedrige Kosten) gelten als Engpass-Artikel und erfordern Dual-Sourcing-Strategien. Stahl (niedriges Risiko, hohe Kosten) wird als Hebel-Artikel über Bündelung und Marktmacht optimiert. Batteriezellen (hohes Risiko, hohe Kosten) werden als strategische Artikel durch langfristige Partnerschaften gesichert.
- Kostenreduktion von 12% bei Hebel-Artikeln durch gebündelte Ausschreibungen
- Versorgungssicherheit von 99,8% bei Engpass-Artikeln durch Dual-Sourcing
- Prozesseffizienz-Steigerung von 35% bei Routine-Artikeln durch Automatisierung
Trends & Entwicklungen rund um die Kraljic-Matrix
Die digitale Transformation und veränderte Marktbedingungen erweitern die klassische Kraljic-Matrix um neue Dimensionen und Anwendungsmöglichkeiten.
Digitalisierung und KI-Integration
Moderne Einkaufsorganisationen nutzen künstliche Intelligenz zur automatisierten Datenanalyse und dynamischen Portfoliobewertung. Machine Learning-Algorithmen erkennen Muster in Marktdaten und prognostizieren Risikoveränderungen. Dies ermöglicht eine kontinuierliche Aktualisierung der Matrix statt statischer Jahresanalysen.
Erweiterte Risikodimensionen
Nachhaltigkeitsrisiken, Cyber-Security und geopolitische Faktoren ergänzen die traditionellen Bewertungskriterien. Die Wettbewerbsanalyse des Beschaffungsmarkts berücksichtigt zunehmend ESG-Kriterien und Lieferkettentransparenz als Risikofaktoren.
Agile Portfolio-Reviews
Statt jährlicher Überprüfungen etablieren Unternehmen quartalsweise oder ereignisbasierte Portfolio-Reviews. Das Warengruppenboard nutzt dabei Real-Time-Dashboards für kontinuierliches Monitoring und schnelle Strategieanpassungen bei Marktveränderungen.
Fazit
Die Kraljic-Matrix bleibt ein unverzichtbares Instrument für strategisches Beschaffungsmanagement und ermöglicht die systematische Differenzierung von Beschaffungsstrategien. Ihre Stärke liegt in der strukturierten Herangehensweise und der klaren Handlungsableitung für verschiedene Artikelkategorien. Moderne Anwendungen erweitern das klassische Modell um digitale Analysemethoden und dynamische Bewertungsansätze. Erfolgreiche Implementierung erfordert jedoch regelmäßige Aktualisierung, objektive Bewertungskriterien und die Integration in übergeordnete Beschaffungsstrategien.
FAQ
Wie oft sollte die Kraljic-Matrix aktualisiert werden?
Die Matrix sollte mindestens jährlich überprüft und bei signifikanten Marktveränderungen ad-hoc angepasst werden. In volatilen Märkten empfehlen sich quartalsweise Reviews, während stabile Kategorien auch längere Zyklen vertragen können.
Welche Datenquellen sind für die Bewertung erforderlich?
Interne Daten umfassen Einkaufsvolumen, Lieferantenanzahl und Qualitätskennzahlen. Externe Marktdaten wie Preisindizes, Lieferantenfinanzstärke und Branchenanalysen ergänzen die Bewertungsgrundlage für eine objektive Positionierung.
Wie werden Grenzfälle zwischen Quadranten behandelt?
Artikel nahe den Achsen erfordern besondere Aufmerksamkeit und regelmäßige Neubewertung. Sensitivitätsanalysen zeigen, wie sich kleine Parameteränderungen auf die Klassifizierung auswirken. Im Zweifel wird die konservativere, risikoärmere Strategie gewählt.
Kann die Matrix auch für Dienstleistungen angewendet werden?
Ja, die Kraljic-Matrix funktioniert auch bei Dienstleistungen. Gewinnauswirkung wird durch Kostenanteil und Geschäftskritikalität bestimmt, Versorgungsrisiko durch Anbieteranzahl und Spezialisierungsgrad. Beratungsleistungen sind oft strategisch, während Standardservices meist Routine-Charakter haben.



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