Einkaufslexikon
Bow-Tie-Analyse: Systematische Risikoanalyse für den Einkauf
November 19, 2025
Die Bow-Tie-Analyse ist eine strukturierte Methode zur Risikoanalyse, die Ursachen und Auswirkungen von Risiken systematisch visualisiert. Im Einkauf ermöglicht sie eine umfassende Betrachtung von Lieferantenrisiken und deren Kontrollen. Erfahren Sie im Folgenden, was die Bow-Tie-Analyse ist, wie sie angewendet wird und welche Vorteile sie für das Risikomanagement bietet.
Key Facts
- Visualisiert Risiken in Form einer Schleife mit zentralem Ereignis, Ursachen und Auswirkungen
- Kombiniert Fehlerbaumanalyse (links) mit Ereignisbaumanalyse (rechts)
- Identifiziert präventive und reaktive Kontrollmaßnahmen systematisch
- Besonders geeignet für komplexe Lieferantenrisiken und Beschaffungsprozesse
- Unterstützt die Entwicklung gezielter Risikominderungsstrategien
Inhalt
Definition: Bow-Tie-Analyse
Die Bow-Tie-Analyse ist eine grafische Risikobewertungsmethode, die ein zentrales Risikoereignis mit seinen Ursachen und Folgen verknüpft.
Grundlegende Struktur und Komponenten
Das Bow-Tie-Diagramm besteht aus drei Hauptelementen: dem zentralen Ereignis (Top Event), den Ursachen auf der linken Seite und den Auswirkungen auf der rechten Seite. Die Form erinnert an eine Fliege, daher der Name.
- Linke Seite: Fehlerbaumanalyse mit Grundursachen und Barrieren
- Zentrum: Kritisches Ereignis oder Risikoszenario
- Rechte Seite: Ereignisbaumanalyse mit möglichen Folgen
- Kontrollmaßnahmen: Präventive und reaktive Barrieren
Bow-Tie-Analyse vs. traditionelle Risikoanalyse
Im Gegensatz zu eindimensionalen Ansätzen betrachtet die Bow-Tie-Analyse Risiken ganzheitlich. Sie verbindet Ursachenanalyse mit Auswirkungsbewertung und macht Risikomatrix-Bewertungen transparenter.
Bedeutung der Bow-Tie-Analyse im Einkauf
Für Einkaufsorganisationen bietet die Methode eine strukturierte Herangehensweise an komplexe Beschaffungsrisiken. Sie unterstützt bei der Bewertung von Lieferantenausfallrisiken und der Entwicklung gezielter Kontrollstrategien.
Methoden und Vorgehen bei Bow-Tie-Analysen
Die systematische Durchführung einer Bow-Tie-Analyse erfolgt in strukturierten Phasen mit definierten Arbeitsschritten.
Vorbereitung und Teamzusammenstellung
Ein interdisziplinäres Team aus Einkauf, Risikomanagement und Fachexperten entwickelt gemeinsam das Bow-Tie-Diagramm. Die Zusammenarbeit verschiedener Perspektiven gewährleistet eine umfassende Risikobetrachtung.
- Definition des zentralen Risikoereignisses
- Auswahl relevanter Stakeholder und Experten
- Festlegung des Analyseumfangs und der Ziele
Ursachenanalyse und Barrierenidentifikation
Die linke Seite des Diagramms erfasst systematisch alle möglichen Ursachen des Risikoereignisses. Dabei werden auch bestehende präventive Kontrollmaßnahmen und deren Wirksamkeit bewertet. Frühwarnindikatoren spielen eine wichtige Rolle bei der Ursachenidentifikation.
Auswirkungsanalyse und Reaktionsplanung
Die rechte Seite visualisiert mögliche Folgen des Risikoereignisses und definiert reaktive Maßnahmen. Diese Analyse unterstützt die Entwicklung von Notfallplänen und Kontinuitätsstrategien für kritische Beschaffungsprozesse.

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Wichtige KPIs für Bow-Tie-Analysen
Die Wirksamkeit von Bow-Tie-Analysen lässt sich durch spezifische Kennzahlen messen und kontinuierlich verbessern.
Barrieren-Effektivität und Kontrollreife
Diese Kennzahlen bewerten die Wirksamkeit identifizierter Kontrollmaßnahmen. Sie messen, wie gut präventive und reaktive Barrieren das Risiko tatsächlich reduzieren oder dessen Auswirkungen begrenzen.
- Anzahl wirksamer vs. unwirksamer Kontrollmaßnahmen
- Durchschnittliche Reaktionszeit bei Barrierenversagen
- Kosten-Nutzen-Verhältnis implementierter Kontrollen
Risikoreduktion und Ereignishäufigkeit
Diese Metriken zeigen die praktischen Auswirkungen der Bow-Tie-Analyse auf die Risikolandschaft. Sie dokumentieren Verbesserungen in der Risikominderung und unterstützen die Bewertung von Risk Mitigation Plans.
Analyseprozess und Teamleistung
Prozess-KPIs bewerten die Effizienz der Analysedurchführung selbst. Sie messen Zeitaufwand, Vollständigkeit der Risikoerfassung und Qualität der Teamzusammenarbeit bei der Diagrammerstellung.
Risikofaktoren und Kontrollen bei Bow-Tie-Analysen
Bei der Anwendung der Bow-Tie-Analyse können verschiedene Herausforderungen auftreten, die die Qualität der Ergebnisse beeinträchtigen.
Komplexität und Überforderung
Umfangreiche Bow-Tie-Diagramme können unübersichtlich werden und die Anwender überfordern. Eine zu detaillierte Analyse führt möglicherweise zu Lähmung statt zu handlungsorientierten Erkenntnissen.
- Fokussierung auf wesentliche Risikofaktoren
- Strukturierte Moderation der Analysesitzungen
- Regelmäßige Vereinfachung komplexer Diagramme
Subjektivität und Verzerrungen
Die Qualität der Analyse hängt stark von der Expertise und Objektivität der beteiligten Personen ab. Kognitive Verzerrungen können zu unvollständigen oder fehlerhaften Risikobewertungen führen. Risikoregister helfen bei der systematischen Dokumentation.
Dynamik und Aktualität
Risiken verändern sich kontinuierlich, während Bow-Tie-Diagramme statische Momentaufnahmen darstellen. Ohne regelmäßige Updates verlieren die Analysen schnell ihre Relevanz für operative Entscheidungen im Notfallmanagement.
Praxisbeispiel
Ein Automobilhersteller wendet die Bow-Tie-Analyse für kritische Halbleiter-Lieferanten an. Das zentrale Ereignis "Lieferausfall Mikrochips" wird mit Ursachen wie geopolitischen Spannungen, Naturkatastrophen und Kapazitätsengpässen verknüpft. Auf der rechten Seite werden Auswirkungen wie Produktionsstopps, Umsatzverluste und Kundenunzufriedenheit analysiert. Das Team identifiziert präventive Maßnahmen wie Dual-Sourcing und reaktive Kontrollen wie Notfallbestände.
- Systematische Erfassung aller Risikofaktoren in der Halbleiter-Beschaffung
- Entwicklung gezielter Kontrollstrategien für jede Risikoebene
- Verbesserung der Lieferketten-Resilienz durch strukturierte Planung
Trends & Entwicklungen rund um Bow-Tie-Analysen
Die Bow-Tie-Analyse entwickelt sich kontinuierlich weiter und integriert neue Technologien sowie erweiterte Anwendungsbereiche.
Digitalisierung und Software-Integration
Moderne Software-Tools ermöglichen die automatisierte Erstellung und Aktualisierung von Bow-Tie-Diagrammen. Diese Integration erleichtert die Zusammenarbeit zwischen Teams und verbessert die Dokumentation von Risikobewertungen.
- Cloud-basierte Kollaborationsplattformen
- Automatische Datenintegration aus ERP-Systemen
- Real-time Monitoring von Risikoindikatoren
KI-unterstützte Risikoanalyse
Künstliche Intelligenz erweitert die Bow-Tie-Analyse um prädiktive Komponenten. Machine Learning-Algorithmen identifizieren Muster in historischen Daten und prognostizieren potenzielle Risikoentwicklungen. Dies unterstützt proaktive Supply Risk Management-Strategien.
Integration in Lieferketten-Resilienz
Die Methode wird zunehmend für die Bewertung komplexer Lieferkettenrisiken eingesetzt. Besonders bei der Analyse von Tier-N-Transparenz und mehrstufigen Lieferantenbeziehungen zeigt sie ihre Stärken.
Fazit
Die Bow-Tie-Analyse bietet Einkaufsorganisationen eine strukturierte Methode zur ganzheitlichen Risikobewertung. Sie verbindet Ursachenanalyse mit Auswirkungsbewertung und macht Kontrollmaßnahmen transparent. Durch die systematische Visualisierung komplexer Risikobeziehungen unterstützt sie fundierte Entscheidungen im Beschaffungsrisikomanagement. Die kontinuierliche Weiterentwicklung durch digitale Tools und KI-Integration stärkt ihre Relevanz für moderne Lieferketten.
FAQ
Was unterscheidet die Bow-Tie-Analyse von anderen Risikomethoden?
Die Bow-Tie-Analyse kombiniert Ursachen- und Auswirkungsanalyse in einem einzigen Diagramm. Sie visualisiert sowohl präventive als auch reaktive Kontrollmaßnahmen und bietet damit eine ganzheitliche Sicht auf Risiken, die über traditionelle Risikomatrizen hinausgeht.
Wie aufwendig ist die Durchführung einer Bow-Tie-Analyse?
Der Zeitaufwand variiert je nach Komplexität des analysierten Risikos. Einfache Analysen benötigen 2-4 Stunden, während umfassende Bewertungen kritischer Lieferantenrisiken mehrere Workshops über Wochen erfordern können. Die Investition lohnt sich durch strukturierte Risikotransparenz.
Welche Risiken eignen sich besonders für Bow-Tie-Analysen?
Besonders geeignet sind komplexe Risiken mit vielfältigen Ursachen und Auswirkungen, wie Lieferantenausfälle, Cyber-Risiken oder Compliance-Verstöße. Die Methode zeigt ihre Stärken bei Risiken, die verschiedene Unternehmensbereiche betreffen und koordinierte Kontrollmaßnahmen erfordern.
Wie oft sollten Bow-Tie-Diagramme aktualisiert werden?
Die Aktualisierungsfrequenz hängt von der Risikodynamik ab. Kritische Lieferantenrisiken sollten quartalsweise überprüft werden, während stabile Prozessrisiken jährliche Updates benötigen. Wesentliche Änderungen in der Lieferkette oder neue Bedrohungen erfordern sofortige Anpassungen der Analyse.



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