Einkaufslexikon
Bestandsreichweite: Definition, Berechnung und strategische Bedeutung im Einkauf
November 19, 2025
Die Bestandsreichweite ist eine zentrale Kennzahl im Bestandsmanagement, die angibt, wie lange der aktuelle Lagerbestand bei gleichbleibendem Verbrauch ausreicht. Diese Metrik ermöglicht es Einkäufern, Lieferengpässe zu vermeiden und gleichzeitig Kapitalbindung zu optimieren. Erfahren Sie im Folgenden, wie die Bestandsreichweite berechnet wird, welche strategischen Vorteile sie bietet und wie Sie diese Kennzahl erfolgreich in der Beschaffung einsetzen.
Key Facts
- Bestandsreichweite = Aktueller Lagerbestand ÷ Durchschnittlicher Verbrauch pro Zeiteinheit
- Optimale Reichweite variiert je nach Warengruppe, Lieferzeit und Nachfrageschwankungen
- Zu hohe Reichweite führt zu Kapitalbindung, zu niedrige zu Lieferengpässen
- Moderne ERP-Systeme berechnen die Kennzahl automatisch und warnen vor kritischen Werten
- Integration mit ABC-XYZ-Analyse ermöglicht differenzierte Bestandsstrategien
Inhalt
Definition und Bedeutung der Bestandsreichweite
Die Bestandsreichweite quantifiziert die Zeitspanne, für die der vorhandene Lagerbestand bei konstantem Verbrauch ausreicht.
Grundlegende Bestandteile der Berechnung
Die Formel berücksichtigt den aktuellen Lagerbestand und den durchschnittlichen Verbrauch pro Zeiteinheit. Dabei können verschiedene Zeiträume als Basis dienen:
- Tagesverbrauch für kurzfristige Planung
- Wochenverbrauch für operative Steuerung
- Monatsverbrauch für strategische Entscheidungen
Bestandsreichweite vs. Mindestbestand
Während der Mindestbestand eine absolute Menge definiert, gibt die Bestandsreichweite eine zeitliche Dimension an. Die Wiederbeschaffungszeit sollte stets unter der aktuellen Bestandsreichweite liegen, um Stockouts zu vermeiden.
Bedeutung der Bestandsreichweite im Einkauf
Für Einkäufer ist diese Kennzahl essentiell zur Bestellzeitpunkt-Bestimmung und Lieferantensteuerung. Sie ermöglicht proaktive Beschaffungsentscheidungen und unterstützt die Bestandsoptimierung durch datenbasierte Analysen.
Messung, Datenbasis und Berechnung
Die präzise Ermittlung der Bestandsreichweite erfordert verlässliche Datenquellen und systematische Berechnungsverfahren.
Datenerfassung und Systemintegration
Moderne ERP-Systeme erfassen Lagerbestände in Echtzeit und berechnen Verbrauchsdurchschnitte automatisch. Die Bestandsführung muss dabei exakte Zu- und Abgänge dokumentieren, um aussagekräftige Reichweiten zu ermitteln.
Berechnungsmethoden und Varianten
Je nach Anwendungsfall kommen unterschiedliche Berechnungsansätze zum Einsatz:
- Statische Berechnung mit historischen Durchschnittswerten
- Dynamische Berechnung mit gleitenden Mittelwerten
- Saisonbereinigte Berechnung für schwankende Nachfrage
Qualitätssicherung der Berechnungsgrundlagen
Regelmäßige Inventurverfahren und Cycle Counting gewährleisten die Datenqualität. Fehlerhafte Bestandsdaten führen zu ungenauen Reichweiten und suboptimalen Beschaffungsentscheidungen.

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KPIs und Nachweiskriterien
Systematische Kennzahlen ermöglichen die Bewertung und kontinuierliche Verbesserung der Bestandsreichweiten-Performance.
Reichweiten-Zielwerte und Toleranzbereiche
Optimale Reichweiten variieren nach Warengruppen und werden durch ABC-XYZ-Analysen differenziert. A-Teile erfordern engere Toleranzbereiche als C-Teile. Typische Zielwerte liegen zwischen 2-8 Wochen je nach Branche und Materialart.
Service Level und Verfügbarkeitskennzahlen
Der Lieferservicegrad misst die Auswirkungen der Reichweitensteuerung auf die Kundenzufriedenheit. Stockout-Häufigkeit und Backorder-Quote zeigen die Effektivität der Bestandsplanung auf.
Effizienz- und Kostenkennzahlen
Lagerumschlagshäufigkeit und Kapitalbindungskosten bewerten die wirtschaftliche Effizienz der Reichweitensteuerung. Der durchschnittliche Lagerbestand sollte bei konstanter Servicequalität minimiert werden. Regelmäßige Plan-Ist-Vergleiche decken Optimierungspotenziale auf.
Risiken, Abhängigkeiten und Gegenmaßnahmen
Unzureichende Bestandsreichweiten-Steuerung kann zu erheblichen operativen und finanziellen Risiken führen.
Stockout-Risiken und Produktionsausfälle
Zu niedrige Reichweiten gefährden die Lieferfähigkeit und können Produktionsstillstände verursachen. Besonders kritisch sind Engpässe bei A-Teilen mit langen Lieferzeiten. Präventive Maßnahmen umfassen dynamische Sicherheitsbestände und Lieferantenredundanzen.
Kapitalbindung und Obsoleszenz
Überhöhte Reichweiten führen zu unnötiger Kapitalbindung und erhöhen das Risiko von obsoleten Beständen. Regelmäßige Slow-Mover-Analysen identifizieren kritische Positionen frühzeitig.
Datenqualität und Systemabhängigkeiten
Fehlerhafte Verbrauchsdaten oder Systemausfälle können zu falschen Reichweitenberechnungen führen. Robuste Datenvalidierung und Backup-Systeme minimieren diese Risiken. Die Dispositionsparameterpflege muss regelmäßig überprüft und aktualisiert werden.
Praxisbeispiel
Ein Automobilzulieferer optimiert seine Bestandsreichweiten für elektronische Komponenten. Bei einem aktuellen Lagerbestand von 5.000 Stück und einem Wochenverbrauch von 500 Stück beträgt die Reichweite 10 Wochen. Da die Lieferzeit nur 3 Wochen beträgt, reduziert das Unternehmen den Zielbestand auf 2.500 Stück (5 Wochen Reichweite) und setzt 1.250 Stück Sicherheitsbestand fest.
- Kapitalbindung sinkt um 50% bei gleichbleibender Liefersicherheit
- Automatische Bestellauslösung bei 4 Wochen Restreichweite
- Monatliche Überprüfung der Verbrauchsprognosen
Daten- und Markttrends zur Bestandsreichweite
Digitalisierung und künstliche Intelligenz revolutionieren die Berechnung und Anwendung von Bestandsreichweiten in der modernen Beschaffung.
KI-gestützte Reichweitenoptimierung
Machine Learning-Algorithmen analysieren komplexe Verbrauchsmuster und prognostizieren zukünftige Bedarfe präziser als traditionelle Methoden. Diese Systeme berücksichtigen externe Faktoren wie Saisonalität, Markttrends und Lieferantenverfügbarkeit automatisch.
Real-Time Analytics und Predictive Planning
Moderne Inventory Health Dashboards visualisieren Bestandsreichweiten in Echtzeit und warnen proaktiv vor kritischen Situationen. Predictive Analytics ermöglichen es, Reichweiten basierend auf Zukunftsprognosen zu optimieren.
Integration in Supply Chain 4.0
Die Vernetzung mit Lieferanten über digitale Plattformen ermöglicht dynamische Anpassungen der Zielreichweiten. Automatische Disposition und Replenishment-Systeme reagieren selbstständig auf Reichweitenveränderungen und optimieren Bestellzyklen kontinuierlich.
Fazit
Die Bestandsreichweite ist eine unverzichtbare Steuerungsgröße für effizientes Bestandsmanagement und strategische Beschaffungsentscheidungen. Durch präzise Berechnung und kontinuierliche Optimierung ermöglicht sie die Balance zwischen Liefersicherheit und Kapitalbindung. Moderne digitale Tools und KI-gestützte Analysen erhöhen die Prognosegüte erheblich. Erfolgreiche Unternehmen integrieren die Reichweitensteuerung in ihre gesamte Supply Chain-Strategie und schaffen damit nachhaltigen Wettbewerbsvorteil.
FAQ
Wie berechnet man die Bestandsreichweite?
Die Bestandsreichweite ergibt sich aus der Division des aktuellen Lagerbestands durch den durchschnittlichen Verbrauch pro Zeiteinheit. Bei 1.000 Stück Lagerbestand und 100 Stück Tagesverbrauch beträgt die Reichweite 10 Tage. Wichtig ist die Verwendung aktueller und repräsentativer Verbrauchsdaten.
Welche Reichweite ist optimal?
Die optimale Reichweite hängt von Lieferzeit, Nachfrageschwankungen und Materialwert ab. A-Teile benötigen meist 1-3 Wochen Reichweite über der Lieferzeit, während C-Teile auch längere Reichweiten wirtschaftlich sein können. Saisonale Schwankungen und Lieferantenrisiken müssen berücksichtigt werden.
Wie oft sollte die Bestandsreichweite überprüft werden?
Kritische A-Teile erfordern tägliche Überwachung, B-Teile wöchentliche und C-Teile monatliche Kontrollen. Automatische Warnsysteme melden kritische Reichweiten sofort. Bei Nachfrageänderungen oder neuen Lieferanten sind außerplanmäßige Überprüfungen notwendig.
Was passiert bei falschen Reichweitenberechnungen?
Überschätzte Reichweiten führen zu Stockouts und Produktionsausfällen, unterschätzte zu unnötiger Kapitalbindung. Regelmäßige Datenvalidierung, Plausibilitätsprüfungen und Backup-Berechnungsmethoden minimieren diese Risiken. Kontinuierliche Verbesserung der Prognosegüte ist essentiell.



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