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Incoterms: Bedeutung, Auswirkungen auf den Einkauf und worauf Unternehmen achten sollten

Zusammenfassung
Incoterms spielen im internationalen Warenhandel eine zentrale Rolle – und dennoch sind sie im Tagesgeschäft vieler Einkaufsabteilungen ein oft unterschätzter Stellhebel. Dabei bestimmen sie nicht nur, wer für Transport, Risiko oder Zollformalitäten verantwortlich ist, sondern beeinflussen direkt die Kostenstruktur und die operative Abwicklung von Beschaffungsprozessen.
Für Unternehmen im industriellen Mittelstand ist es daher entscheidend, die Bedeutung der Incoterms zu verstehen – und gezielt für strategische Einkaufsentscheidungen zu nutzen.
Was sind Incoterms?
Incoterms (International Commercial Terms) sind standardisierte Klauseln zur Regelung von Lieferbedingungen im internationalen Handel. Herausgegeben werden sie von der Internationalen Handelskammer (ICC), zuletzt aktualisiert im Jahr 2020 Die elf aktuell gültigen Incoterms definieren klar, welche Partei (Käufer oder Verkäufer) für Transport, Versicherung, Risiken, Kosten und die Zollabwicklung verantwortlich ist – und ab welchem Punkt diese Verantwortlichkeiten übergehen.
Im Einkauf sorgen sie damit für eine international einheitliche Vertragsgrundlage, reduzieren Missverständnisse und schaffen Transparenz – vorausgesetzt, sie werden korrekt interpretiert und konsequent angewendet.
Warum Incoterms für den Einkauf relevant sind
Für Einkäufer sind Incoterms weit mehr als juristische Fußnoten. Sie beeinflussen konkrete operative Fragestellungen:
- Wer trägt die Verantwortung im Schadensfall während des Transports?
- Welche Partei organisiert die Verzollung und ist vorsteuerabzugsberechtigt?
- Wo beginnen und enden die Kostenverpflichtungen aus Sicht des Einkaufs?
- Wie lassen sich potenzielle Zusatzkosten durch unklare Zuständigkeiten vermeiden?
Falsch gewählte oder nicht klar geregelte Incoterms können zu unerwarteten Zusatzkosten, logistischen Verzögerungen oder steuerlichen Nachteilen führen – etwa, wenn der Einkäufer als Importeur auftritt, aber keinen Zugriff auf Einfuhrdokumente hat.
Beispiele: EXW, DAP und DDP im Vergleich
Ein praxisnahes Verständnis der Incoterms beginnt mit den drei wohl häufigsten Klauseln im B2B-Geschäft:
- EXW (Ex Works / Ab Werk):
Der Verkäufer stellt die Ware bereit, der Käufer übernimmt ab dem Werkstor sämtliche Pflichten. Vorteil: volle Kontrolle. Nachteil: hoher logistischer und zollrechtlicher Aufwand für den Käufer.
- DAP (Delivered at Place):
Der Verkäufer organisiert Transport bis zum vereinbarten Ort, der Käufer übernimmt nur die Einfuhrabwicklung. Diese Variante bietet ein gutes Gleichgewicht aus Transparenz und Verantwortungsteilung.
- DDP (Delivered Duty Paid):
Der Verkäufer trägt sämtliche Kosten und Risiken bis zur verzollten Lieferung beim Käufer. Für den Einkauf bequem – aber oft mit höheren Preisen oder versteckten Aufschlägen verbunden.
Welche Variante im konkreten Fall sinnvoll ist, hängt stark von internen Ressourcen, Zollkompetenz und dem gewünschten Maß an Kontrolle im Einkauf ab.
Einfluss auf Zollpflichten und Kostenstruktur
Ein besonders kritischer Punkt im internationalen Einkauf: Die Incoterms beeinflussen direkt die Zollbelastung und Vorsteuerabzugsfähigkeit. Nur wenn der Käufer als rechtlicher Importeur auftritt, kann er auch Vorsteuer geltend machen. Wird dies vertraglich nicht sauber geregelt, entstehen nicht nur steuerliche Nachteile – auch die Nachvollziehbarkeit und Dokumentation im Rahmen von Compliance- oder CBAM-Vorgaben leidet.
Zudem können sich bei unklar definierten Zuständigkeiten Mehrkosten durch Verzögerungen, nachträgliche Abfertigungsgebühren oder erhöhte Lagerkosten ergeben. Ein strategischer Umgang mit Incoterms wirkt hier präventiv.
Was Unternehmen jetzt beachten sollten
Für eine zukunftssichere Einkaufsorganisation sollten Incoterms nicht nur als Vertragsanhang betrachtet werden – sondern aktiv in die Einkaufsstrategie integriert werden:
- Klarheit schaffen: Incoterms bewusst wählen, dokumentieren und intern wie extern konsistent kommunizieren
- Zollprozesse kennen: Wer übernimmt welche Pflichten? Gibt es interne Kompetenzen oder müssen externe Partner eingebunden werden?
- Lieferantengespräche nutzen: Incoterms gezielt verhandeln – und mit Preisgestaltung, Risikoübernahme und logistischen Anforderungen abgleichen
- Digitale Unterstützung einsetzen: Lösungen wie Tacto ermöglichen die strukturierte Erfassung von Incoterms auf Artikelebene – und helfen, Risiken und Kostentreiber frühzeitig zu erkennen
Fazit
Incoterms sind weit mehr als Standardformulierungen – sie sind ein strategisches Werkzeug für den Einkauf. Wer sie versteht und richtig einsetzt, reduziert Risiken, optimiert Prozesse und sichert sich steuerliche sowie logistische Vorteile. Gerade im internationalen Kontext, in dem politische Unsicherheiten zunehmen und Zollregime sich schnell ändern können, wird die korrekte Anwendung der Incoterms zum entscheidenden Erfolgsfaktor.
Ob Transport, Kosten oder Risiko – die Wahl der richtigen Incoterms beeinflusst entscheidend, wie effizient und sicher Ihre Beschaffungsprozesse laufen. In unserem kompakten Überblick erfahren Sie, wer wann Verantwortung übernimmt und wie Sie durch die richtige Anwendung von Incoterms Kostenfallen und Unsicherheiten vermeiden. Jetzt verstehen, vergleichen und im Einkauf strategisch nutzen!
