Einkaufslexikon

Dual-Sourcing-Quote: Definition, Berechnung und strategische Bedeutung

Die Dual-Sourcing-Quote ist eine zentrale Kennzahl im strategischen Beschaffungsmanagement, die den Anteil der Beschaffungsvolumina misst, für die mindestens zwei Lieferanten verfügbar sind. Diese Kennzahl zeigt auf, wie gut ein Unternehmen gegen Lieferausfälle abgesichert ist und welche Flexibilität bei Verhandlungen besteht. Erfahren Sie im Folgenden, was die Dual-Sourcing-Quote genau bedeutet, wie sie berechnet wird und welche strategischen Vorteile sie bietet.

Key Facts

  • Misst den prozentualen Anteil des Beschaffungsvolumens mit mindestens zwei verfügbaren Lieferanten
  • Reduziert Abhängigkeitsrisiken und stärkt die Verhandlungsposition gegenüber Lieferanten
  • Typische Zielwerte liegen zwischen 60-80% des gesamten Beschaffungsvolumens
  • Erfordert kontinuierliche Marktbeobachtung und Lieferantenentwicklung
  • Balanciert Risikominimierung mit Kosteneffizienz und Komplexitätsmanagement

Was ist eine Dual-Sourcing-Quote? Definition und Einordnung

Die Dual-Sourcing-Quote quantifiziert die Diversifikation der Lieferantenbasis und dient als wichtiger Indikator für die Versorgungssicherheit.

Grundlagen und Berechnung

Die Dual-Sourcing-Quote wird als Verhältnis des Beschaffungsvolumens mit mindestens zwei qualifizierten Lieferanten zum Gesamtbeschaffungsvolumen berechnet. Dabei werden sowohl aktive als auch potenzielle zweite Quellen berücksichtigt.

  • Formel: (Volumen mit ≥2 Lieferanten / Gesamtbeschaffungsvolumen) × 100
  • Bewertung nach Materialgruppen und strategischer Bedeutung
  • Berücksichtigung von Lieferantenkapazitäten und Qualifikationen

Dual-Sourcing-Quote vs. Single-Sourcing

Im Gegensatz zum Single-Sourcing, bei dem bewusst nur ein Lieferant gewählt wird, zielt Dual-Sourcing auf Risikostreuung ab. Während Single-Sourcing Kostenvorteile und engere Partnerschaften ermöglicht, bietet eine hohe Dual-Sourcing-Quote mehr Flexibilität und Supply Risk Management.

Bedeutung der Dual-Sourcing-Quote im Einkauf

Die Kennzahl unterstützt strategische Entscheidungen zur Lieferantenportfolio-Gestaltung und ermöglicht eine datenbasierte Bewertung der Versorgungssicherheit. Sie hilft bei der Identifikation kritischer Abhängigkeiten und der Priorisierung von Lieferantenentwicklungsmaßnahmen.

Prozessschritte und Verantwortlichkeiten

Die systematische Erhöhung der Dual-Sourcing-Quote erfordert strukturierte Prozesse und klare Verantwortlichkeiten zwischen Einkauf, Qualitätssicherung und Lieferantenmanagement.

Analyse und Bewertung bestehender Lieferantenstrukturen

Der erste Schritt umfasst die vollständige Erfassung aller Beschaffungskategorien und deren aktueller Lieferantenanzahl. Dabei werden Abhängigkeitsrisiken identifiziert und nach strategischer Bedeutung priorisiert.

  • Kategorisierung nach ABC-Analyse und strategischer Relevanz
  • Bewertung bestehender Lieferantenkapazitäten und -qualifikationen
  • Identifikation von Single-Source-Positionen mit hohem Risikopotenzial

Marktanalyse und Lieferantenidentifikation

Systematische Marktforschung zur Identifikation potenzieller zweiter Quellen, einschließlich der Bewertung von Lieferantenkapazitäten, Qualitätsstandards und geografischer Verteilung. Die Tier-N-Transparenz spielt dabei eine wichtige Rolle.

Implementierung und Monitoring

Die schrittweise Qualifikation neuer Lieferanten erfolgt unter Berücksichtigung von Kosten-Nutzen-Verhältnissen. Regelmäßige Überprüfung der Quote und Anpassung der Sourcing-Strategie basierend auf Marktveränderungen und Risikomatrix-Bewertungen.

Wichtige KPIs und Zielgrößen für Dual-Sourcing-Quotes

Die Messung und Steuerung der Dual-Sourcing-Quote erfordert ein System von Kennzahlen, die sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte berücksichtigen.

Primäre Leistungsindikatoren

Die Dual-Sourcing-Quote selbst bildet den Hauptindikator, sollte jedoch durch ergänzende Kennzahlen differenziert betrachtet werden. Typische Zielwerte variieren je nach Branche und Risikobereitschaft zwischen 60-80%.

  • Gesamte Dual-Sourcing-Quote (Zielwert: 70-80%)
  • Kategorienspezifische Dual-Sourcing-Quote nach strategischer Bedeutung
  • Anzahl qualifizierter Alternativlieferanten pro kritischer Position

Risiko- und Qualitätskennzahlen

Ergänzende Indikatoren bewerten die Qualität der Dual-Sourcing-Strategie und deren Wirksamkeit bei der Risikominimierung. Die Integration von Frühwarnindikatoren ermöglicht proaktives Handeln.

Effizienz- und Kostenkennzahlen

Die Balance zwischen Risikominimierung und Kosteneffizienz wird durch spezifische KPIs gemessen. Dazu gehören die Mehrkosten durch Dual-Sourcing, Lieferantenentwicklungskosten und die Amortisationszeit von Investitionen in zweite Quellen. Pufferlager-Kosten können durch effektive Dual-Sourcing-Strategien reduziert werden.

Prozessrisiken und Gegenmaßnahmen bei Dual-Sourcing-Quotes

Die Implementierung einer hohen Dual-Sourcing-Quote bringt spezifische Risiken mit sich, die durch geeignete Maßnahmen minimiert werden müssen.

Komplexitäts- und Koordinationsrisiken

Die Verwaltung mehrerer Lieferanten pro Kategorie erhöht die operative Komplexität und kann zu Koordinationsproblemen führen. Unklare Verantwortlichkeiten und inkonsistente Qualitätsstandards sind häufige Folgen.

  • Standardisierung von Lieferantenbewertungs- und -managementprozessen
  • Implementierung einheitlicher Qualitätsmanagementsysteme
  • Klare Definition von Rollen und Verantwortlichkeiten

Kostenrisiken und Skaleneffekte

Die Aufteilung von Volumina auf mehrere Lieferanten kann zu höheren Einstandspreisen durch reduzierte Skaleneffekte führen. Zusätzliche Kosten entstehen durch erweiterte Lieferantenbetreuung und -entwicklung. Ein effektives Risk Mitigation Plan ist erforderlich.

Qualitäts- und Leistungsrisiken

Unterschiedliche Qualitätsstandards und Leistungsniveaus zwischen Lieferanten können zu Inkonsistenzen in der Versorgung führen. Die Bonitätsprüfung und kontinuierliche Überwachung der Supplier Financial Health sind entscheidend für die Risikominimierung.

Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen

Die Bedeutung der Dual-Sourcing-Quote hat durch globale Lieferkettenstörungen und geopolitische Spannungen deutlich zugenommen, was neue Ansätze und Technologien erforderlich macht.

Digitalisierung und KI-gestützte Lieferantenanalyse

Künstliche Intelligenz ermöglicht eine präzisere Bewertung potenzieller zweiter Quellen durch automatisierte Marktanalysen und Risikobewertungen. Machine Learning-Algorithmen können Lieferantenperformance vorhersagen und optimale Dual-Sourcing-Strategien empfehlen.

  • Automatisierte Lieferantenidentifikation und -bewertung
  • Predictive Analytics für Lieferantenausfallrisiken
  • Real-time Monitoring der Dual-Sourcing-Quote

Nearshoring und Regionalisierung

Der Trend zur regionalen Diversifikation führt zu einer Neubewertung der Dual-Sourcing-Strategien. Unternehmen suchen verstärkt nach lokalen oder regionalen zweiten Quellen, um Transportrisiken und geopolitische Risiken zu reduzieren.

Nachhaltigkeits- und ESG-Kriterien

Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren werden zunehmend in die Dual-Sourcing-Entscheidungen integriert. Dies erfordert eine erweiterte Bewertung potenzieller zweiter Quellen hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeitsperformance und Lieferketten-Resilienz.

Praxisbeispiel

Ein Automobilzulieferer identifizierte bei der Analyse seiner Beschaffungsstruktur eine Dual-Sourcing-Quote von nur 45%. Besonders kritisch war die Abhängigkeit von einem einzigen Lieferanten für elektronische Steuergeräte, die 15% des Gesamtbeschaffungsvolumens ausmachten. Durch systematische Marktanalyse und Lieferantenentwicklung konnte innerhalb von 18 Monaten ein zweiter qualifizierter Lieferant etabliert werden. Die Implementierung erfolgte schrittweise mit zunächst 20% Volumenanteil für den neuen Lieferanten. Parallel wurde ein Notfallplan für den Übergang entwickelt, der bei Lieferantenausfällen eine schnelle Volumenverlagerung ermöglicht.

  • Erhöhung der Dual-Sourcing-Quote von 45% auf 72% innerhalb von zwei Jahren
  • Reduzierung der Beschaffungsrisiken um 35% laut interner Risikobewertung
  • Verbesserung der Verhandlungsposition führte zu 8% Kosteneinsparungen

Fazit

Die Dual-Sourcing-Quote ist eine unverzichtbare Kennzahl für das moderne Beschaffungsmanagement, die Versorgungssicherheit und Verhandlungsstärke messbar macht. Eine systematische Erhöhung der Quote auf 60-80% reduziert Abhängigkeitsrisiken erheblich und stärkt die strategische Position des Einkaufs. Dabei müssen Unternehmen die Balance zwischen Risikominimierung und Kosteneffizienz finden, unterstützt durch digitale Tools und datenbasierte Entscheidungsprozesse. Die kontinuierliche Überwachung und Anpassung der Dual-Sourcing-Strategie bleibt entscheidend für nachhaltigen Beschaffungserfolg.

FAQ

Was ist eine gute Dual-Sourcing-Quote?

Eine gute Dual-Sourcing-Quote liegt typischerweise zwischen 60-80% des Gesamtbeschaffungsvolumens. Der optimale Wert hängt von der Branche, der Risikobereitschaft und den spezifischen Marktbedingungen ab. Kritische Materialgruppen sollten eine höhere Quote aufweisen als weniger strategische Kategorien.

Wie berechnet man die Dual-Sourcing-Quote?

Die Berechnung erfolgt durch Division des Beschaffungsvolumens mit mindestens zwei qualifizierten Lieferanten durch das Gesamtbeschaffungsvolumen, multipliziert mit 100. Dabei werden sowohl aktive als auch potenzielle zweite Quellen berücksichtigt, die innerhalb angemessener Zeit aktiviert werden können.

Welche Kosten entstehen durch Dual-Sourcing?

Dual-Sourcing kann zu höheren Einstandspreisen durch reduzierte Mengenrabatte führen. Zusätzliche Kosten entstehen durch Lieferantenentwicklung, erweiterte Qualitätssicherung und komplexere Logistikprozesse. Diese Mehrkosten sollten gegen die Risikoreduktion und verbesserte Verhandlungsposition abgewogen werden.

Wann ist Single-Sourcing trotz Risiken sinnvoll?

Single-Sourcing kann bei hochspezialisierten Produkten, sehr kleinen Volumina oder bei strategischen Partnerschaften mit hohem Innovationspotenzial sinnvoll sein. Auch bei Lieferanten mit außergewöhnlich hoher Zuverlässigkeit und wenn die Kosten für Dual-Sourcing unverhältnismäßig hoch wären, kann Single-Sourcing gerechtfertigt sein.

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